Es ist längst wieder zu einer Qual geworden: Wenn es kalt wird in Deutschland, fängt es in den Wohngebieten an zu stinken und zu qualmen. Kaminöfen boomen, allein in Rheinland-Pfalz werden rund 600.000 Kamine und Kachelöfen betrieben. Es ist ja auch zu schön: gemütlich am Feuer sitzen, in die Flammen gucken – wer genießt das nicht? Dazu wird gerade auch vom Mainzer Umweltministerium das Heizen mit Holz als ökologisch und klimaneutral beworben – doch Fachleute warnen: Mit den Öfen sind auch Ruß, Feinstaub und Gestank zurückgekehrt. Denn viele Ofenbesitzer heizen falsch und schmeißen achtlos in die Flammen, was gerade zur Hand ist. Das Ergebnis: Gefährlicher Feinstaub – und oft sogar giftige Beistoffe. Wenn der Kaminofen stinkt und giftigen Feinstaub ausspuckt, ist es mit der Gemütlichkeit vorbei. Dabei gibt es einfache Abhilfe.

Diese Kamine sind brav und harmlos – sie stoßen gar nicht aus. Doch wenn der Nachbar falsch feuert, drohen Gestank, Ruß, Feinstaub und giftige Emissionen. – Foto: gik

Der Meteorologe Jörg Kachelmann lästert seit Monaten über den „Reichenfeinstaub“: Früher hätten die ärmsten Menschen die dreckigste Luft gehabt, heute sei das umgekehrt, schimpft der Wetterexperte in den sozialen Netzwerken und in Zeitungsartikeln. Grund für Kachelmanns Tiraden: Die Rückkehr der Kamine. Das heimelige Kaminfeuer erlebt einen ungeheuren Boom, etwa 11,7 Millionen sogenannter „Einzelraumfeuerungsanlagen“ gibt es nach Angaben des Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks in Deutschland insgesamt.

Die Zahl ist in den vergangenen Jahren förmlich explodiert, Heizen mit Holz gilt als umweltschonend, „schick“ ist es sowieso. In 27 Prozent der Wohnungen in Deutschland gibt es inzwischen einen Kamin oder Einzelofen, in vielen ländliche Regionen ist Heizen mit Holz noch gang und gäbe. Doch gerade auch in den Städten haben die schicken Öfen wieder Einzug gehalten in die Häuser der besser Betuchten, in Rheinland-Pfalz werden allein rund 600.000 Kamine und Kachelöfen betrieben. Beim Mainzer Umweltministerium wirbt man für das Heizen mit Holz, der Rohstoff sei „klimaneutral, nachwachsend und sichert Arbeitsplätze“, sagt Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne).

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Doch Experten warnen: Der Boom der Holzöfen hat eine Kehrseite: Gerade in Ballungsräumen verschlechterten Holzheizungen die Luftqualität, der Feinstaub aus Kaminöfen sei ähnlich schädlich wie Dieselruß, warnt das Umweltbundesamt. Das Heizen mit Holz verursache – auch wenn es sachgerecht vorgenommen werde – deutlich größere luftverschmutzende Emissionen als andere Energieträger wie Heizöl oder Erdgas. Selbst im besten Falle stoße ein moderner Kaminofen in der Stunde etwa 500 Milligramm Staub aus – so viel wie rund 100 Kilometer Autofahren. „Der Geruch nach Winter“, so das Umweltbundesamt, „kann gesundheitsschädlich sein.“

Moderne Kaminöfen boomen, doch viele wissen nicht, wie man sie richtig befeuert und was reindarf – und was nicht. – Foto: Losch via Wikipedia

Denn zum einen ist Feinstaub selbst hochgradig schädlich für unser Gesundheit: Die mikroskopisch kleinen Partikel dringend in die Atemwege ein und von dort sogar in den Blutkreislauf und verbreiten sich bis in alle Organe – Ultrafeinstaub kann sogar bis ins Gehirn vordringen. „Gesundheitliche Wirkungen, die mit Feinstaubbelastungen nachweislich zusammenhängen, reichen von Schleimhautreizungen/lokalen Entzündungen in der Luftröhre und den Bronchien oder Lungen, verstärkter Plaquebildung in den Blutgefäßen bis zu Schlaganfall und Krebs“, warnt das Umweltbundesamt. Auch Zusammenhänge zu neurologischen Erkrankungen wie Demenz und Morbus Parkinson werden diskutiert.

Es sei aber nicht auszuschließen, dass es in Wohngebieten zu kurzzeitigen Belastungen mit Feinstaub kommen könne, wenn viele Holzöfen und Kamine gleichzeitig betrieben würden, insbesondere bei Inversionswetterlagen – und dass dann sogar Feinstaub-Grenzwerte überschritten werden können. Dazu stinkt es oft bestialisch durch die Nachbarschaft, manch Hausbesitzer klagt gar, er könne am Wochenende kein einziges Fenster öffnen, geschweige denn auf der Terrasse sitzen – Dank des Kamins des Nachbarn.

Jochen Scherne wundert das nicht wirklich: „Wenn ich sehe, welche Sachen da durch den Schornstein gehen“, sagt der Schornsteinfegermeister der Koblenzer Innung: „Da sind Milchtüten dabei, feuchtes Holz und anderes.“ Dabei ist es strikt verboten, Abfall zu verbrennen, doch nicht jeder halte sich daran. Auch Papier ist kein zulässiger Brennstoff – aber wer weiß das schon? Die Verbrennung von allem gestrichenem oder behandeltem Holz ist ebenso verboten wie von Sperrholz, Span- oder Faserplatten, auch Papier oder Pappe, brennbare Abfälle oder gar Müll dürfen nicht verbrannt werden. Verbrannt werden darf in einem Kamin nur naturbelassenes Holz wie Scheitholz oder Holzspäne, dazu Holzpellets oder Holzbriketts.

Wer sich daran nicht hält, riskiert mehr als nur Gestank: Was aus den Schornsteinen kommt, ist dann auch noch giftig. Werden Brennstoffe nicht vollständig verbrannt oder gar unerlaubte Stoffe in die Flammen geworfen, können bei der Verbrennung laut Umweltbundesamt polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe entstehen – die sogenannten PAKs gelten als hochgiftig und als krebserregend. Dazu pusten die Kamine vielfach schädliche Stickstoff- und Schwefeloxide sowie Salzsäure in die Luft.

„Trockenes Brennholz, das ist der Schlüssel zu der ganzen Diskussion“, sagt Paul Schilling vom Betrieb Landesforsten: „Nur feuchtes Holz stinkt beim Verbrennen und produziert Feinstaub.“ Es gelte eben immer noch, was man schon früher gewusst habe: „Wasser brennt nicht“, sagt Schilling trocken, viele aber heizten mit zu nassem Holz. Maximal 20 Prozent Wassergehalt sollte ein Holzscheit beim Verbrennen noch haben, besser noch 15 Prozent. Frisch geschlagenes Holz enthalte 40 bis 50 Prozent Wasser, das müsse erst getrocknet werden. Richtig zum Verheizen sei Holz, wenn es grau aussehe und Risse habe, sagt Schilling: „Wer mit feuchtem Holz heizt, heizt auch teurer.“ Doch vielfach hapere es an der richtigen Lagerung: zu wenig durchlüftet, zu feucht.

Brennholz sollte trocken, aber auch luftig gelagert werden, wichtig ist ein Dach nach oben und Luft UNTER dem Stapel, sagen Experten. - Foto: Christoph Neumüller via Wikipedia
Brennholz sollte trocken, aber auch luftig gelagert werden, wichtig ist ein Dach nach oben und Luft UNTER dem Stapel, sagen Experten. – Foto: Christoph Neumüller via Wikipedia

Entscheidend sei zudem die richtige Bedienung des Ofens, sagen die Experten: Da werde viel zu viel Holz in den Ofen gestopft, die Luftzufuhr zu früh gedrosselt. Viele Verbraucher kauften sich einfach einen Ofen aus dem Baumarkt, die Bedienungsanleitung werde oft nicht einmal gelesen, klagt Schornsteinfeger Scherne. Sei aber die Temperatur im Ofen zu gering, kokele das Holz statt zu Brennen – es stinkt, und es bildet sich gefährlicher Glanzruß, der zum Kaminbrand führen kann. „Je optimaler die Verbrennung, umso besser für die Emissionen“, sagte Scherne, „der Normalmensch kommt mit den Reglern am Kamin aber meist nicht zurecht.“

Filtertechniken könnten die Lösung sein, es gibt sie auch, nur eingesetzt werden sie nicht, sagen die Experten. Seit dem 31. Dezember 2014 müssen Kamine laut Bundesimmissionsschutzverordnung (BimschVGO) strenge Grenzwerte von Feinstaub einhalten – theoretisch. „Diese Grenzwerte können mit der heute üblichen Technik in der Praxis nur selten eingehalten werden“, sagt Tobias Ulbricht vom Deutsche Biomasseforschungszentrum Leipzig. Bei der Typenzulassung tricksen die Kaminhersteller ähnlich wie die Autobranche: Die Typprüfung fange erst an, wenn der Kamin richtig schön durchgewärmt sei, sagt Ulbricht. „In der Realität habe ich aber schwankende Bedingungen“, sagt der Experte – der Verbraucher könne die Grenzwerte eigentlich kaum einhalten.

Die Probleme mit Feinstaub und Geruchsbeschwerden gebe es, räumt Ministerin Höfken ein, auch wüssten viele nicht, „dass ihre Anlage keine Müllverbrennungsanlage ist.“ All das sei aber „kein Argument gegen Holzöfen“, betont die Ministerin, „sondern für Aufklärung.“ Höfken verweist auf die Schornsteinfeger, sie sind nicht nur für die Zulassung der Kamine zuständig, sondern beraten auch in Sachen Feuerung und trockenes Holz. Spätestens bis 2025 müssen nach der neuen Bundesimmissionsschutzverordnung übrigens auch alte Kaminöfen neue, strengere Grenzwerte einhalten und deshalb unter Umständen mit Filtern nachgerüstet werden – Informationen dazu geben ebenfalls die Schornsteinfeger. Allerdings hat die BimschVGO gerade für Kamin-geplagte Nachbarn auch einen Haken: Die Überprüfung von Anlagen findet jetzt in größeren Abständen und nicht mehr jährlich statt. Bleibt bei stinkenden Kaminen also nur eines: mit dem Nachbarn reden – und sich notfalls beim örtlichen Schornsteinfeger beschweren.

Info& auf Mainz&: Ausführliche Informationen zum Heizen mit Holz findet Ihr beim Umweltbundesamt hier im Internet, natürlich ebenso zur neuen BimschVGO und ihren Regelungen – genau hier. Das Umweltbundesamt gibt übrigens 5 praktische Tipps zum Heizen mit Holz, die wir hier gerne noch einmal kompakt und im Wortlaut wiedergeben:

  1. Betreiben Sie Ihren offenen Kamin nur gelegentlich. Offene Kaminfeuer sind energetisch sehr ineffizient, verursachen sehr hohe unkontrollierbare Emissionen, belasten die Innenraumluft deutlich mit Schadstoffen und stellen als offene Feuerquelle eine besondere Brandgefährdung dar. Auch geschlossene Kaminöfen sollten nicht regelmäßig betrieben werden, weil sie durch die Emissionen die Gesundheit in die Nachbarschaft stark belasten können.
  2. Wenn Sie einen Kamin oder Kaminofen betreiben, halten Sie sich an die Empfehlungen des Herstellers sowie Ihres Schornsteinfegers. Verbrennen Sie vor allem nur geeignetes Brennmaterial und insbesondere nur trockenes, unbehandeltes Holz. Ungeeignet und verboten ist in der Regel die Verbrennung von gestrichenem oder behandeltem Holz sowie Sperrholz, Span- oder Faserplatten. Grundsätzlich dürfen Papier oder Pappe, brennbare Abfälle und Müll nicht verbrannt werden.
  3. Verwenden sie ein Holzfeuchte-Messgerät. Solche Geräte sind preiswert (oftmals schon unter 20€) zum Beispiel in Baumärkten zu erhalten. Ihr Holz darf nicht mehr als 25% Restfeuchte aufweisen, um starke Rauchentwicklung, viel Asche und eine geringe Energieausbeute zu vermeiden. Weisen Sie auch Ihre Nachbarn darauf hin, falls diese eine Holzfeuerung betreiben.
  4. Wenn Sie sich als Nachbarin oder Nachbar belästigt fühlen, kann zunächst ein offenes Gespräch mit den Betreibern der Kleinfeuerungsanlage deutliche Erfolge bringen. Oftmals können sich Betreiber und Belästigte einigen. Ist die Quelle schwer auszumachen, ist möglicherweise auch Ihr örtlicher Schornsteinfeger ein guter Ansprechpartner. Auch das Ordnungsamt kann Hilfestellung bei der Problemlösung bieten.
  5. Die Verbrennung ungeeigneter Brennstoffe ist kein Kavaliersdelikt, denn sie schädigt die Gesundheit aller Menschen in der Nachbarschaft und darüber hinaus: Sollten Sie Hinweise darauf haben, dass in Ihrer Nachbarschaft Papier, Pappe, feuchtes oder behandeltes Holz, Gartenabfälle oder sogar Müll verbrannt werden – egal ob im Ofen oder auch als Lagerfeuer – sollten Sie die Verursacher darauf hinweisen und die Vorfälle bei Nichteinsicht und Wiederholung den zuständigen Behörden vor Ort melden, das örtliche Ordnungsamt oder das Umweltamt sind dafür die richtigen Ansprechpartner.

 

 

 

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