Die Coronapandemie hat weltweit zu einem Stopp so gut wie aller Reisen geführt, das wirkt sich besonders massiv auf den Luftverkehr aus: Am Frankfurter Flughafen brachen die Passagierzahlen Anfang April um 96,8 Prozent ein – ein nie dagewesener Rückgang. Wären die Frachtflüge nicht, der größte deutsche Flughafen wäre praktisch still gelegt. Die Nordwestlandebahn ist seit Ende März Parkplatz für nicht genutzte Flugzeuge, das Terminal 2 wurde geschlossen. Doch leer ist der Luftraum nicht: Am Himmel über Rhein-Main sind weiter bis zu 20 Prozent des früheren Luftverkehrs unterwegs – vor allem wegen der Luftfracht. Aber auch Mess- und Fotoflüge werden verstärkt durchgeführt.

Tiefblauer Himmel kein einziges Flugzeug - Mainz durfte in Sachen Fluglärm in der Coronakrise aufatmen. - Foto: gik
Tiefblauer Himmel kein einziges Flugzeug – Mainz durfte in Sachen Fluglärm in der Coronakrise aufatmen. – Foto: gik

Der Blick zum Himmel war für die Mainzer in den vergangenen Wochen so entspannend wie schon lange nicht mehr: Kaum ein Flugzeug trübte Blick oder Gehör, in den Nächten war weitgehend störungsfreier Schlaf möglich, ein einzelner Flieger am Morgen wurde fast schon wie ein alter Freund begrüßt. Keine Frage: Die Corona-Pandemie beschert den Fluglärm-geplagten Mainzern ein Durchatmen wie zuletzt nur beim Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im März 2010.

96,8 Prozent weniger Fluggäste meldete der Frankfurter Flughafen-Betreiber Fraport am Mittwoch für die Woche vom 6. bis 12. April, am Frankfurter Flughafen wurden noch ganze 46.338 Flugpassagiere abgefertigt. 1.435 Starts und Landungen zählte die Fraport gerade einmal noch in dieser Aprilwoche, das waren 86,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. Bereits unmittelbar nach Beginn des Shutdowns zur Eindämmung der Coronakrise in Europa waren die Flugbewegungen massiv eingebrochen: Rund 2,1 Millionen Passagiere zählte man in Frankfurt im März noch, das war da schon ein Minus von 62 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Zahl der Flugbewegungen ging mit 22.838 Starts und Landungen im März bereits um 45,7 Prozent zurück.

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Lufthansa-Maschinen parken auf der Nordwestbahn in Frankfurt. - Foto: Lufthansa Oliver Roesler
Lufthansa-Maschinen parken auf der Nordwestbahn in Frankfurt. – Foto: Lufthansa Oliver Roesler

„Wir werden in diesem Jahr deutlich negative Entwicklungen haben“, prophezeite Fraport-Chef Stefan Schulte bereits Mitte März bei der Bilanz-Pressekonferenz der Fraport – da gab es bereits ein Minus von fast 30 Prozent bei den Flugbewegungen in Frankfurt. Seither hat sich die Lage dramatisch verschärft – Fluglärmgegner würden sagen: dramatisch verbessert. Das Terminal 2 wurde am 7. April vorübergehend geschlossen, die Abfertigung der noch laufenden Flüge im Terminal 1 konzentriert, so sehr waren die Passagierzahlen gesunken. Bereits zum 20. März wurde die Nordwestlandebahn still gelegt, die Bahn im Nordwesten des Flughafens wird seither als Parkplatz für stillgelegte Maschinen der Lufthansa und anderer Airlines genutzt.

Für die Mainzer insbesondere in der Oberstadt und dem nördlichen Weisenau bedeutet das eine spürbare Erleichterung, selbst an den Osterfeiertagen herrschte trotz Ostwetterlage spürbar weniger Lärm über den Köpfen der Mainzer. Ganz weg waren die Maschinen dennoch nicht: Just an Ostern fielen vermehrt sehr niedrig fliegende, große Maschinen im Landeanflug über Mainz auf. „Und sie fliegen doch“, teilte denn auch die Deutsche Flugsicherung am Donnerstag mit: Trotz des nahezu kompletten Einbruchs des zivilen Luftverkehrs sei der Luftraum über Deutschland keineswegs komplett leer. 10 bis 20 Prozent des reguulären Flugverkehrs wickele man derzeit noch immer ab, teilte die DFS mit.

Ungewohntes Bild: Parken statt Fliegen auf der Nordwestlandebahn. - Foto: Lufthansa Oliver Roesler
Ungewohntes Bild: Parken statt Fliegen auf der Nordwestlandebahn. – Foto: Lufthansa Oliver Roesler

Das liegt vor allem und beinahe ausschließlich am Frachtverkehr: Durch die Luftfracht würden wichtige Produktionsketten aufrechterhalten, das gelte auch für medizinische Güter, zum Beispiel die Lieferung von Atemschutzmasken, heißt es bei der DFS weiter. An den großen deutschen Frachtflughäfen herrsche deshalb aktuell mehr Verkehr als an anderen Airports in Europa, wenn auch auf niedrigem Niveau. Spitzenreiter mit mehr als 200 Starts und Landungen war am 15. April der Frankfurter Flughafen, dicht gefolgt mit Leipzig/Halle mit 190 Flugbewegungen. Dort habe es am 14. April sogar die Spitzenposition gegeben, so die DFS weiter – Grund ist, dass in Leipzig der Expressdienstleister DHL sein Europa-Drehkreuz hat. Auch der Flughafen Köln/Bonn, der einen hohen Anteil an Luftfracht habe, gehöre aktuell zu den verkehrsreichsten europäischen Flughäfen.

Daneben komme es aktuell aber auch zu einem vermehrten Aufkommen von Mess- und Fotoflügen, informiert die Flugsicherunug weiter. Diese Flüge würden zwar nicht durch die Fluglotsen der DFS kontrolliert, sie müssten aber durch die Flugsicherung genehmigt werden. „Bislang war das wegen der hohen Verkehrsdichte nur selten möglich, doch nun ist Platz am Himmel“, sagt die DFS. Die bei Fotoflügen gewonnenen Daten würden für die Erstellung von Katastern sowie zur Entwicklung von Gelände- und Oberflächenmodellen benötigt. Viele Flüge seien auch mit speziellen Thermal- oder Laserscannern zur Überprüfung von Stromtrassen oder Gasleitungen unterwegs, dabei würden große Areale rasterförmig abgeflogen – vor allem solche Mess- und Fotoflüge würden von Bürgern deshalb als „ungewöhnliche Flugbewegungen wahrgenommen.“

Terminal 1 reicht derzeit aus: Die Passagierzahlen brachen um mehr als 96 Prozent ein. - Foto: gik
Terminal 1 reicht derzeit aus: Die Passagierzahlen brachen um mehr als 96 Prozent ein. – Foto: gik

Auch die DFS benötige regelmäßige Messflüge, um ihre Navigations und Radaranlagen zu überprüfen und die Instrumentenlandesysteme an den größeren internationalen Flughäfen zu vermessen, so die Flugsicherung weiter. Normalerweise finden solche Messflüge nachts statt, nun werden sie in der verkehrsarmen Zeit auf den Tag verlegt.

Bei der Fraport rettet man sich derweil mit den Frachtfliegern über die Runden: So verzeichnete der Flughafen in der ersten Aprilwoche gar ein Plus von 20 Prozent bei den Cargoflügen gegenüber dem Vorjahr, insgesamt ging aber auch hier die transportierte Menge um gut ein Viertel zurück. Jetzt, Mitte April meldete die Fraport einen Rückgang des Frachtaufkommens von nur noch 17,.4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, es wurden immerhin noch 167.279 Tonnen an Gütern transportiert. 2019 hatte die Fraport ein ausgesprochen erfolgreiches Jahr: Erstmals wurden mehr als 70,5 Millionen Passagiere in Frankfurt gezählt, der Konzernumsatz erhöhte sich um 6,5 Prozent auf rund 3,7 Milliarden Euro.

Was am Himmel über Rhein-Main derzeit noch so los ist, zeigt das neue STANLY-Track-Tool des deutschen Flugsicherung. - Screenshot: gik
Was am Himmel über Rhein-Main derzeit noch so los ist, zeigt das neue STANLY-Track-Tool des deutschen Flugsicherung. – Screenshot: gik

Wie die wirtschaftliche Lage für Deutschlands größten Flughafen weiter geht, ist ungewiss, der Konzern reagierte bereits mit Einstellungstopp und Kurzarbeit – Mitte März war bereits die Rede davon, dass 10.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden sollten. Aktuell hat die Fraport in Frankfurt rund 18.000 bis 20.000 Mitarbeiter. Fraport-Chef Schulte hatte sich Mitte März noch zuversichtlich gezeigt: „Wir haben ein sehr gutes Geschäftsmodell, und wir haben kein Liquiditätsproblem“, betonte er. Der Flugverkehr werde sich wieder erholen und „sicher die Nachholeffekte zeigen wie bei früheren Krisen auch.“ Einen Baustopp des Terminals 3 lehnte Schulte denn auch ab: „Wir sind sehr gut beraten, ein solches Großprojekt durchzuziehen“, betonte Schulte.

Auch sonst nutzt der Konzern die flugfreie Zeit, um die Infrastruktur aufzupolieren: Am 6. April wurde die Südbahn gesperrt, hier wird seither die Asphaltdecke erneuert. Die hochbelasteten Aufsetzzonen der Runway Süd erhielten auf rund 87.000 Quadratmetern eine neue Asphaltbinder- und Deckschicht, teilte die Fraport mit, auch die Startbahnschultern der 60 Meter breiten Bahn erhielten eine neue Asphaltdecke. Insgesamt werden rund 192.000 Quadratmeter saniert, eine Fläche so groß wie 27 Fußballfelder. Die Arbeiten standen ohnehin an, sollten aber in den Nachtstunden erledigt werden – nun kann sie der Flughafen ganz regulär in Tagesschichten erledigen.

Rund 15 Millionen Euro kostet die Maßnahme, die Fraport nutzt die Arbeit auch, um gleich die Feuerlichter entlang der Bahn mit auszutauschen: die Halogenstrahler werden den Angaben zufolge durch sogenannte LED-Unterflurfeuer ersetzt, das spare Strom und zahle auf die Klimabilanz des Unternehmens ein: „Allein diesmal kommen 890 neue LED in den neuen Asphalt“, so die Fraport. Die Sperrung der Südbahn hat allerdings wieder Auswirkungen auf den Luftraum über Mainz: Die Flieger im Landeanflug konzentrieren sich derzeit sehr stark über dem südlichen Mainz-Weisenau entlang des Autobahnrings.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Auswirkungen des Corona-Pandemie auf den Luftverkehr haben wir Mitte März hier auf Mainz& berichtet. Was die Fraport in Sachen Umweltschutz tut, könnt Ihr in diesem Mainz&-Bericht nachlesen – es ist durchaus interessant. Was am Himmel über Deutschland noch los ist, könnt Ihr nun auch in einem neuen interaktiven Live-Tool der DFS sehen – zum STANLY-Track geht es hier entlang. Alle Informationen, Meldungen und Hintergründe zur Coronavirus Epidemie findet Ihr weiter auf unserer Sonderseite „Alles zum Coronavirus“ genau hier bei Mainz&.

 

 

 

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