Die Entscheidung über die Ausbauvariante fürs Gutenberg-Museum sollte eigentlich demnächst fallen, da entbrennt in Mainz neuer heftiger Streit über die Finanzierung: Die Mainzer Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich (CDU) forderte via „Allgemeine Zeitung“, das Verfahren zu überdenken und erst einmal ein schlüssiges Gesamtkonzept vor allem inklusive Finanzierung vorzulegen – vielleicht mit Hilfe des Landes. Das wiederum kritisierten SPD und Grüne scharf. Doch wie Mainz& vom Bund erfuhr: Das Land wäre für eine Finanzierung zuständig.

Gutenberg Museum Mainz von außen - Foto Kirschstein
Quo vadis Gutenberg-Museum? Die Opposition fordert ein schlüssiges Gesamtkonzept mit kompletter Finanzierung – Foto: gik

Die Stadt müsse ein Gesamtkonzept vorlegen, das Inhalt und Architektur schlüssig verbinde, und dann eine Förderung durch die Landesregierung erreichen, sagte Groden-Kranich in der „Allgemeinen Zeitung“, nur so sei weiteres Geld bei Bund oder Europäischer Union zu erhalten. Es sei doch „vorschnell“, einen Neubau zu starten, solange die weitere Finanzierung unklar sei – das Gutenberg-Museum habe aber eine „große Lösung“ verdient, nur müsse die bitte auch anständig geplant werden.

5 Millionen da, weitere Finanzierung unklar

Tatsächlich stehen dem Gutenberg-Museum für den geplanten Neubau bislang lediglich rund 5 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Summe hat die Stadt als Trägerin des Museums bisher aufbringen können. Klar ist: das reicht allenfalls für den ersten Bauabschnitt, das ist nach den bisherigen Plänen ein Neubau auf dem Liebfrauenplatz. Für den wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, nach dessen Ergebnis sollen entweder ein „Bücherturm“, ein „Setzkasten“-artiger Bau aus Glas und Sandstein oder ein gewaltiger Erweiterungsbau realisiert werden – mehr dazu lest Ihr hier.

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Doch in den Wochen der Diskussion über die Ergebnisse wurde auch klar: Der heutige Museumsbau, der sogenannte „Schell“-Bau ist maroder als bisher bekannt und müsste dringendst saniert werden. Brandschutz, Technik, Rettungswege sowie marode Bausubstanz – dem Bau aus den 1960er Jahren droht sogar die Schließung, falls nicht bald gehandelt wird. Doch eine Finanzierung dieser Sanierungsvorhaben gibt es bisher nicht – die fünf Millionen reichen keinesfalls für Neubau und Sanierung.

CDU: Planung ohne Gesamtfinanzkonzept unseriös und riskant

Visualisierung Bücherturm Gutenberg Museum Foto gik
Erster Bauabschnitt „Bücherturm“ – und dann? – Foto: gik

Angesichts dessen wird die Kritik in der CDU lauter: „Bei der Frage der Finanzierung regiert bisher einzig und allein das Prinzip Hoffnung, dass sich am Ende schon genügend Fördergelder und Sponsoren finden werden“, sagte nun CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig. Das aber sei „blauäugig“. Gerade das Ergebnis des Architektenwettbewerbs zeige ja, dass zur Gesamtkonzeption des Museums auch zwingend eine Gesamtfinanzierung gehöre. „Anderenfalls bleibt der beabsichtigte erste Bauabschnitt ein Torso“, warnte Schönig.

Es sei „einfach unseriös und zudem riskant, ein Projekt zu planen, obwohl derzeit lediglich ein Bauabschnitt finanziert werden kann“, kritisierte er – „kein vernünftig denkender Mensch“ würde bei einem Bauvorhaben so vorgehen. Gerade weil das Gutenberg-Museum das Weltmuseum der Druckkunst sei, müsse das Projekt gerade bei der Finanzierung „auch bis zum Ende gedacht“ werden. „Es ist unser Ziel, den Stellenwert und die Bedeutung des Gutenberg-Museums für die Stadt Mainz deutlich zu erhöhen“, betonte Schönig. Es brauche aber unbedingt ein schlüssiges Finanzierungskonzept – auch um einer durchaus realistischen Steigerung der Baukosten vorzubeugen.

Kommission rügt Bezifferung von Kosten vor präziser Planung

Schönig verweist dafür übrigensauf den Endbericht einer „Reformkommission Bau von Großprojekten“ der Bundesregierung. Darin würden etwa die Ursachen für Kostenüberschreitungen sehr anschaulich dargestellt, sagte Schönig, so heiße es etwa in dem Bericht wörtlich: „Die Projektkosten werden häufig bereits beziffert, bevor ausreichend präzise Planungen vorliegen, so dass die genannten Zahlen nicht belastbar sind. Außerdem wird nicht auf die vorhandenen Kostenrisiken hingewiesen. Dazu kommen häufig unzureichende Datengrundlagen. Die regelmäßige Unterschätzung der Kosten und des Zeitbedarfs ist oft politisch motiviert, um die Durchsetzung von Projekten zu erleichtern.“

Gutenberg Museum - Mädchen mit Screen fünf Kategorien - Foto GM
Gutenberg-Museum 2020: Das Konzept sieht die Entwicklung zu einem modernen Museum vor – Foto: Gutenberg-Museum

Die Stadt betont hingegen stets, die fünf Millionen Euro würden „auf jeden Fall“ für den ersten Bauabschnitt ausreichen. Das Stufenkonzept sieht vor, die weiteren Bauabschnitte nach und nach zu realisieren, sobald Gelder dafür aufgetrieben werden können.

SPD und Grüne: Groden-Kranich blendet Bundesebene aus

Die SPD warf Groden-Kranich hingegen vor, „kurz vor Ende des Verfahrens auf einmal das Thema für sich entdeckt“ zu haben. Das Verfahren werde seit drei Jahren auch vom Stadtrat voran getrieben, ihm liege das Gesamtkonzept „Gutenberg 2020“ zugrunde, das auch die CDU kenne.

Mit Verwunderung und Unverständnis reagierten zudem die beiden anderen Mainzer Bundestagsabgeordneten, Tabea Rößner von den Grünen und Michael Hartmann von der SPD: Obwohl Groden-Kranich dem Stadtrat seit 1999 angehöre, habe sie offenbar „von der dort seit vielen Jahren vorangetriebenen Planung anscheinend nichts mitbekommen“ – warum sonst spreche sie von einer „überstürzten Planung“?  Im Übrigen zeige die Mainzer CDU bei Finanzierungsfragen „stets nur auf das Land und blendet die bundespolitische Ebene völlig aus“, das sei „ein eingeübtes Ablenkungsmanöver“, kritisierten Hartmann und Rößner.

Bund: Land ist für Förderung zuständig

Gutenberg Museum - Ausstellung Cloud mit Druckerpressen
Förderung fürs Weltmuseum der Druckkunst: das Land ist (zunächst) gefragt – Foto: gik

Das nahm Mainz& zum Anlass, doch mal bei der Staatsministerin für Kultur und Medien des Bundes nachzufragen, ob denn das Gutenberg-Museum durch den Bund förderfähig wäre? Die Antwort der Sprecherin erreichte uns heute: „Die Förderung von Museen ist nach der Aufgabenverteilung im Grundgesetz grundsätzlich Angelegenheit der Länder“, heißt es dort. Ausnahmen gebe es nur, „wenn die Museen Aufgaben der gesamtstaatlichen Repräsentation wahrnehmen“ – also etwa wie im Fall des Hauses der Geschichte in Bonn oder dem Jüdischen Museum in Berlin.

„In der Regel fördert der Bund dann gemeinsam mit den Ländern“, teilte die Sprecherin weiter mit: „Im Fall des Museums in Mainz wäre also das Land Rheinland-Pfalz zuständig.“ Dass die CDU auf das Land verweist, ist also völlig richtig – wir fragen dann mal als nächstes den neuen Kulturminister des Landes 😉 Das kann allerdings ein bisschen dauern – der parteilose Konrad Wolf hat sein Amt gerade erst am 18. Mai angetreten.

BI fordert schlüssiges Finanzierungskonzept vor Baustart

Die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum, die sich kritisch mit den Entwürfen des Architekturwettbewerbs auseinander setzt, sieht sich unterdessen bestätigt: Die Stadt müsse ein schlüssiges Finanzierungskonzept inklusive der Einwerbung von deutschen und europäischen Fördermitteln erstellen, erst dann könne der Stadtrat die Entscheidung fällen, welche bauliche Alternative die richtige und insgesamt bezahlbare ist, sagte BI-Sprecher Thomas Mann. Das fordere die BI bereits seit Wochen. Es brauche ein Museumskonzept samt Klarheit über die Gesamtkosten, nicht nur für den ersten Bauabschnitt, sondern auch für die weiteren Bauabschnitte samt Ausstattung und Betriebskosten.

Liebfrauenplatz mit Römischem Kaiser kleiner
Wo jetzt die Bäume stehen, soll auf dem Liebfrauenplatz der Erweiterungsbau fürs Gutenberg-Museum errichtet werden – Foto: gik

Und auch die Junge Union in Mainz nennt die Vorwürfe von SPD und Grünen in Richtung Groden-Kranich absurd: „Die Idee von SPD und Grünen, einfach mal drauf loszubauen in der Hoffnung, dass sich schon irgendwer beteiligen wird, ist hochgradig unseriös und hinsichtlich der städtischen Haushaltslage unverantwortlich“, kritisiert deren Mainzer Vorsitzender Felix Leidecker. SPD und Grüne hätten bislang eben kein schlüssiges Gesamtkonzept für das Museum vorgelegt, weder inhaltlich noch finanziell.

Groden-Granich werde mit ihrem Hinweis, dass es eben keine Finanzzusagen gebe, „einfach nur ihrer Verantwortung gegenüber ihren Wählern gerecht“, betonte Leidecker. Und was hätten denn Rößner und Hartmann für „die finanzielle Realisierbarkeit ihres Projektes vorzuweisen haben. Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Nichts.“

ÖDP: Niemandem gedient, wenn später kein Geld mehr da ist

Und auch die ÖDP teilte die Bedenken in Sachen Finanzierung: Gerade im Fall des Gutenberg-Museums dürfe „nicht nur auf kommunaler Ebene gedacht werden“, sagte ÖDP-Fraktionschef Claudius Moseler. Es sei „überhaupt nicht nachvollziehbare“, warum sich Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) „dem Vorschlag verschließt, ein parteiübergreifendes Treffen mit Beteiligten der Kommune, des Landes und der Bundesregierung zu organisieren.“ Dem Stadtvorstand warf Moseler insgesamt „fehlende Transparenz und zu wenig ganzheitliches Denken“ vor.

„Um das Projekt nicht vor die Wand fahren zu lassen, ist es wichtig, berechtigte Bedenken konstruktiv aufzunehmen“, betonte auch ÖDP-Bauexpertin Ingrid Pannhorst, übrigens selbst Architektin. Es sei „niemandem gedient“, wenn nach einem spektakulären ersten Bauabschnitt weder Ausstellungsflächen noch Runderneuerung und Optimierung „für lange Zeit nicht erzielt werden können, weil kein Geld mehr da ist.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Konzept für das Gutenberg-Museum 2020 könnt Ihr in diesem Mainz&-Artikel nachlesen. Alle Infos über den Architektenwettbewerb zum Gutenberg-Museum findet Ihr in dem Mainz&-Artikel „Ein Bücherturm…“. Mehr zur Diskussion um die Entwürfe findet Ihr im Artikel „Fragt die Mainzer!“ sowie „Debatte geht weiter“. Im Gutenberg-Museum könnt Ihr Euch die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs übirgens selbst ansehen, am 24. Mai 2016 gibt es dort um 17.00 Uhr zum letzten Mal eine der hochspannenden Führungen durch die Ausstellung – mit dem Vorsitzenden des Preisgerichts, Architekturprofessor Wolfgang Lorch, sowie Museumsdirektorin Annette Ludwig persönlich. Alle Infos zum Architektenwettbewerb gibt es hier.

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