Vor dreieinhalb Jahren sorgte es für das Verkehrschaos des Jahrzehnts, nun verschwindet es für immer: Seit Donnerstag läuft an der Schiersteiner Brücke der Abriss des „Herzstücks“, des Autobahnabschnitts unmittelbar im Übergang zum Brückenbauwerk. Genau hier war nach Bohrarbeiten für die neue Brücke im Februar 2015 ein Pfeiler abgesackt, die Schiersteiner Brücke musste für volle zwei Monate gesperrt werden. Nun hat der Landesbetrieb Mobilität mit dem Abriss des Teilstücks begonnen, bis Montag, den 22. Oktober, 5.00 Uhr bleiben deshalb beide Auffahrts- und Abfahrtsrampen auf die Brücke in Mainz-Mombach gesperrt. Unterdessen teilte der LBM auch mit: Schadensersatz für den Bauunfall damals werde man nicht fordern, eine vorsätzliche oder fahrlässige Verursachung sei nicht nachweisbar.

Das alte Herzstück der Schiersteiner Brücke auf Mainzer Seite wird derzeit abgerissen, hinten rechts sieht man den im Februar 2015 beschädigten Pfeiler. – Foto: gik

Es war in der Nacht zum 11. Februar 2015, als urplötzlich ein Pfeiler unter dem Herzstück der Schiersteiner Brücke wegsackte. Der Pfeiler stellte sich quer, die Brücke sackte um 30 Zentimeter ab – und musste voll gesperrt werden. Zwei Monate dauerte es, bis wenigstens Pkws wieder über die wichtige Verbindungsbrücke zwischen Mainzer und Wiesbaden fahren konnten, die Folge war das größte Verkehrschaos, das die westliche Rhein-Main-Region je gesehen hatte. Als Ursache stellte sich ein halbes Jahr später heraus: Beim Bohren im Untergrund neben dem Pfeiler waren unerwartet Hohlräume entstanden, trotzdem habe die Baufirma „einfach weiter gemacht“, sagte der Gutachter im Oktober 2015. Letztlich sei das „für diesen örtlichen Bereich gewählte Bohrverfahren ungeeignet“ gewesen, es hätte ein anderes Herstellungsverfahren gewählt werden müssen. Innenminister Roger Lewentz (SPD) hatte damals angekündigt, das Land werde nun Schadensersatz von der Baufirma geltend machen.

Trotzdem teilte der Landesbetrieb Mobilität (LBM) nun mit: Schadensersatz werde man von der Baufirma nicht fordern. Der Gutachter habe in seinem abschließenden Gutachten „keine schuldhafte Vorgehensweise der ausführenden Baufirma“ feststellen können. Zwar sei der Bauunfall „mit großer Wahrscheinlichkeit“ durch die Bohrarbeiten der Baufirma verursacht worden: Die Bohrarbeiten hätten den Boden aufgelockert, das habe aber „nicht vollständig vermieden werden können.“

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Der beschädigte Pfeiler unten dem Herzstück der Schiersteiner Brücke, umringt von Hilfsstützen im Oktober 2018. – Foto: gik

Durch eine spätere natürliche Rheinwasserspiegelabsenkung habe sich die Bodenauflockerung dann zu einem Hohlraum vergrößert, der zur Schiefstellung des Pfeilers geführt habe. Dadurch wiederum sei das Lager des Pfeilers herausgefallen, es kam zur Schiefstellung. Der Boden in dem Bereich unter der Brücke sei stellenweise sehr schwierig zu durchbohren, da auf feste Kalksteinbänke oder das Betonfundament der Pfeiler lockerer Sandboden folge.

Ein Schadensersatzanspruch würde aber erst dann bestehen, „wenn die ausführende Baufirma den Schaden vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hätte“, heißt es weiter: „Dies konnte der Gutachter nicht feststellen.“ Die ausführende Baufirma sei aus Sicht des Gutachters ihrer Sorgfalts- und Informationspflicht nachgekommen und habe ihre Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen getroffen. Auch der LBM habe sorgfältig gehandelt, der Baugrund sei korrekt beschrieben worden. Die Ausschreibung des gewählten Verfahrens sei ebenfalls korrekt gewesen. Die Nothilfsarbeiten an der Brücke mit zusätzlichen Hilfsstützen verursachten Kosten in Höhe von etwa acht Millionen Euro, teilte der LBM mit, die Kosten trägt der Bund.

Der Bauunfall löste 2015 ein monatelanges Verkehrschaos aus. – Foto: gik

Ursprünglich hatte der LBM das 50 Jahre alte Herzstück erhalten und als Verbindungsstück zur neuen Schiersteiner brücke erhalten wollen,. nach dem Bauunfall wurde schnell klar: Das Bauwerk ist zu stark beschädigt. Seit Donnerstag wird nun das „Herzstück“ abgerissen, bereits ab Mittwochabend sperrte der LBM beide Auffahrts- und Abfahrtsrampen nach Mainz-Mombach. Der Verkehr auf der A 643 könne während der Abbrucharbeiten in beiden Fahrtrichtungen aber weiter ungehindert fließen. Auch die Abfahrt nach Mainz-Mombach von Bingen kommend sei frei, ebenso könne der Radverkehr über die Brücke fahren, werde allerdings im Baufeld umgeleitet. Es sei jedoch mit einer Staubentwicklung zu rechnen, warnte der LBM

Ursprünglich sollten die Abbrucharbeiten an zwei Wochenenden stattfinden, neue Erkenntnisse aus bereits laufenden Abbrucharbeiten hätten aber gezeigt, „dass das vom Bauunfall aus dem Jahr 2015 geschädigte Herzstück im Bereich der Auf- und Abfahrten in einem Bauabschnitt komplett abgebrochen werden muss“, teilte der LBM weiter mit. Der Rückbau des Herzstücks-Ost läuft bereits seit Anfang August, der gesamte Abbruch soll Ende 2018 abgeschlossen sein. Danach werden das Herzstück-Ost und die Auffahrtrampe Wiesbaden an gleicher Stelle neu gebaut, diese Bauarbeiten sollen aller Voraussicht nach im Jahr 2020 abgeschlossen sein.

Info& auf Mainz&: Mehr zur damaligen Ursachenforschung für den Bauunfall an der Schiersteiner Brücke im Oktober 2015 könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Zur weiteren Ursachenforschung gabs dann noch diesen Artikel zum Baugrund bei Mainz&, den Unfall selbst haben wir damals als erstes schriftliches Medium in Mainz berichtet – lest Ihr genau hier. Einen beeindruckenden Einblick in das Innere der neuen Schiersteiner Brücke findet Ihr hier bei Mainz&.

 

 

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