Die Stadt Mainz muss kein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro zahlen und auch nicht ihren neuen Luftreinhalteplan erneut ändern. Das Verwaltungsgericht Mainz lehnte am Dienstag einen entsprechenden Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ab. Die Stadt strebe mit ihren Maßnahmen im Luftreinhalteplan die Einhaltung des Grenzwerts für Stickoxide im gesamten Stadtgebiet an, urteilte das Gericht. Auch beziehe dabei die Stadt durchaus Messungen aus Passivsammlern ein. Die DUH hatte der Stadt vorgeworfen, sich allein an den Messwerten der Station in der Parcusstraße zu orientieren und die vielfach höheren Werte der Passivsammler zu ignorieren. Die Stadt äußerte sich zufrieden.

Dichter Verkehr auf der Parcusstraße, dazu kamen in den vergangenen Jahren noch Baustellen – die Belastung mit Stickoxiden ist hier in der Mainzer Innenstadt mit am höchsten. – Foto: gik

Der Streit zwischen der DUH und der Stadt Mainz kochte Anfang April noch einmal so richtig hoch: Die DUH warf der Stadt vor, bei ihren Bemühungen um eine Vermeidung eines Dieselfahrverbotes nicht die gesamte Innenstadt zu betrachten, sondern nur die offizielle Luftmessstation in der Parcusstraße. Tatsächlich argumentiert die Stadt vorwiegend mit den Werten dieser Messstation, auch der Luftreinhalteplan tut das an manchen Stellen. Die DUH argumentiert hingegen, die Stadt müsse auch die Werte der Passivsammler im gesamten Innenstadtbereich einbeziehen – und deren Werte oft noch einmal deutlich höher liegen.

In Mainz werden seit Jahren die Grenzwerte des als giftig geltenden Gases Stickoxid von 40 Mikrogramm deutlich überschritten, zuletzt lag der Jahresmittelwert noch immer bei 48 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die DUH hatte Mainz deshalb verklagt – und im Oktober 2018 Recht bekommen. Mainz musste seinen Luftreinhalteplan bis zum 1. April 2019 ändern und dort auch Maßnahmen für ein Dieselfahrverbot einführen. Das wiederum muss zum 1. September 2019 stufenweise eingeführt werden, falls die Werte bis Ende Juni nicht auf oder unter den Wert von 40 Mikrogramm sinken – bisher ist das nicht der Fall.

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Zum Problem für die Stadt könnte ferner werden, dass eben nicht nur die Werte in der Parcusstraße noch immer deutlich über dem Grenzwert liegen, sondern auch die der Passivsammler – kleiner Reagenzröhrchen, die die Luftschadstoffe sammeln. Deren Werte im Mainzer Stadtgebiet lägen gar bei 59 Mikrogramm an der Binger Straße, bei 58 Mikrogramm an der Rheinallee und bei 53 Mikrogramm auf dem Neubrunnenplatz, betonte die DUH im Oktober 2018 vor Gericht.

So würde im schlimmsten Fall die Fahrverbotszone für Diesel-Pkw in Mainz aussehen. – Grafik: Stadt Mainz, Foto: gik

Nun meinte die DUH auch im Luftreinhalteplan eine Passage ausfindig gemacht zu haben, nach der die Stadt diese Werte ignoriere – und stellte Antrag auf Vollstreckung des Urteils vom vergangenen Oktober gegen die Stadt Mainz beim Mainzer Verwaltungsgericht. Der neue Luftreinhalteplan der Stadt entspreche nicht dem Gerichtsurteil vom Oktober 2018, argumentierte die DUH, und beantragte eine Zwangsgeldandrohung von 10.000 Euro.

Das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation nicht: Der neue Luftreinhalteplan trage dem Urteil Rechnung, es sei auch nicht festzustellen, dass das stufenweise dort vorgesehene Dieselfahrverbotskonzept nicht der Anforderung gerecht werde, den Immissionsgrenzwert im ganzen Stadtgebiet einzuhalten, urteilte das Gericht. Anders gesagt: „Die Stadt strebe ausweislich des fortgeschriebenen Luftreinhalteplans die Einhaltung des Grenzwerts im gesamten Stadtgebiet an.“ Der Planung sei auch zu entnehmen, dass dabei sowohl stationäre Messstellen als auch Passivsammler Berücksichtigung finden sollten. Verbindliche Vorgaben, welche Messstellen zur Ermittlung der Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet einzubeziehen sind, enthalte das Urteil vom 24. Oktober 2018 im Übrigen nicht, ergänzte das Gericht.

Kommt das Dieselfahrverbot für Mainz oder kommt es nicht? Entschieden ist das noch nicht. – Foto: gik

Bei der Stadt zeigte man sich erfreut: „Das Verwaltungsgericht hat den DUH-Antrag mit der Androhung von Zwangsgeld als ’nicht begründet‘ zurückgewiesen“, freuten sich Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne). Man habe die Entscheidung so erwartet, „da wir das umfangreiche Aufgabenpaket zum Luftreinhalteplan Punkt für Punkt abgearbeitet und viele ergänzende Maßnahmen ergriffen haben.“ Man sei überzeugt, dass die dauerhaft zu einer spürbaren Senkung der Schadstoffe führen würden. „Wir sehen uns auf unserem Weg vom Gericht daher ganz eindeutig bestärkt“, betonten die beiden Politiker. Die fundierte Stellungnahme der Stadt sei vom Verwaltungsgericht „offenkundig in allen Punkten gewürdigt worden.“

Das drohende Fahrverbot ist damit aber keineswegs vom Tisch: Bis Ende Juni müssen die Stickoxidwerte auf oder unter 40 Mikrogramm sinken – sonst muss ein Fahrverbot zunächst für ältere Diesel-Pkw eingeführt werden. Ob Mainz diese Werte erreichen kann, ist wegen der bisherigen Höhe von 48 Mikrogramm fraglich – online lässt sich das neuerdings nicht mehr nachvollziehen. Auf der Internetseite des Landesumweltamtes, www.luft-rlp.de, wird neuerdings nur noch ein einziger Wert der aktuellen Stunde zum jeweiligen Schadstoff angezeigt, ältere Werte sind dort nicht mehr abrufbar. Der Beschluss des Bundestages vom vergangenen Jahr, Städte von Fahrverboten auszunehmen, die unter 50 Mikrogramm liegen, ist übrigens nach Ansicht von Rechtsexperten irrelevant: Der Grenzwert ist im EU-Recht festgelegt – und das kann auch der Deutsche Bundestag nicht einfach per Beschluss mal eben ändern.

Info& auf Mainz&: Unseren Ausgangsbericht zu der neuerlichen Forderung der DUH in Sachen Passivsammler findet Ihr hier bei Mainz&. Alles zur Gerichtsverhandlung und dem Urteil des Verwaltungsgerichts gegen die Stadt Mainz vom Oktober 2018 findet Ihr hier bei Mainz&. Die Frage der Messstationen und ihrer Richtigkeit haben wir hier erklärt. Den Luftreinhalteplan der Stadt Mainz selbst könnt Ihr hier im Internet nachlesen, unseren Bericht dazu findet Ihr hier.

 

 

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