Die Stadt Mainz hatte am Dienstag die Obdachlosen-Container am Fort Hauptstein räumen lassen, nun verteidigt der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) das Vorgehen: Die Schlafcontainer seien nur für den Winter gedacht, sagte Lensch, die Stadt habe sie zwar während des Corona-Lockdowns erst einmal stehen lassen, nun aber sei man „in einer Phase der Lockerungen“, deshalb die Schließung. Die Container seien zudem „keine differenzierte Pandemievorsorge und keine dauerhaft gute Einrichtung für diese Menschen“, betonte der Dezernent im Gespräch mit Mainz&. An der Räumung hatte es scharfe Kritik von linken Gruppierungen gegeben, auch CDU-Sozialpolitiker äußerten sich nun entsetzt: Die Schließung der Rückzugsräume sei „unverantwortlich.“

Die geräumten Schlafcontainer für Obdachlose am Fort Hauptstein. - Foto: Klinkner
Die geräumten Schlafcontainer für Obdachlose am Fort Hauptstein. – Foto: Klinkner

Sechs Schlafcontainer standen am Fort Hauptstein oberhalb des Mainzer Hauptbahnhofs in den vergangenen zwei Monaten für Obdachlose als Unterschlupf in der Corona-Pandemie zur Verfügung, die Container werden jedes Jahr von der Stadt Mainz als zusätzliche Winterquartiere aufgestellt und im Frühjahr wieder abgeräumt. „Wir haben in diesem Jahr die Container wegen der Corona-Pandemie zwei Monate länger offen gehalten“, sagte Sozialdezernent Eckart Lensch am Mittwoch im Gespräch mit Mainz&. Mitte Mai habe sich die Stadt dann entschieden, die Container nun wieder zu schließen. „Wir sind jetzt in Phasen der Lockerung, allen Beteiligten war klar, dass die Container wieder geschlossen werden“, betonte Lensch.

Die Schließung wurde den Bewohnern mit einem Schreiben vom 16. Mai angekündigt, trotzdem strandeten am Dienstag mehrere Bewohner auf dem Platz vor den Containern. Die Menschen wüssten nicht, wohin sie gehen sollten, sie hätten keinen Zugang zu fließendem Wasser oder zu Toiletten, berichtete Maximilian Klinkner von der Linksjugend „Solid Mainz“ gegenüber Mainz&: Diese Menschen seien „schon länger wohnungslos – was ist denn die Alternative?“ Auch die Hilfsorganisation „Rheinhessen hilft“ kritisierte, die Stadt könne die Bewohner doch nicht einfach auf die Straße setzen, sondern müsse sich um die Nachsorge kümmern.

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Der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) im Gespräch mit Mainz&. - Foto: gik
Der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) im Gespräch mit Mainz&. – Foto: gik

„Natürlich gibt es beim Schließen immer wieder so eine Situation, das ist auch dieses Jahr so“, sagte Lensch: „Es gibt diesen Bruch, jedes Jahr.“ Die Container seien aber „immer auch ein kleiner Ort der polizeilichen Intervention, es gab ganz klar Probleme mit Kleinkriminalität und Drogengebrauch“, betonte der Dezernent. Deshalb seien sich die professionellen Betreuungsorganisationen in Mainz einig, dass die Schließung der Container in der warmen Jahreszeit richtig sei. Die dort entsorgten Matratzen und der Hausrat seien übrigens Eigentum der Stadt und nachfolgend nicht mehr anderweitig zu gebrauchen.

„Die Container sind auch ein Anziehungspunkt, das ist keine differenzierte Pandemievorsorge und keine dauerhaft gute Einrichtung für diese Menschen“, sagte Lensch: „Das ist keine gute Betreuungssituation, man kann die Menschen mit diesem Setting vielleicht gar nicht besonders gut schützen.“ Die Obdachlosenversorgung sei in Mainz „besser als in jeder anderen Stadt, wir haben so viele plätze wie sonst keiner“, betonte der Dezernent zugleich. Mainz habe rund 100 feste Plätze in Heimen, dazu mehrere professionelle Einrichtungen, die sich im Auftrag der Stadt um diese Menschen kümmerten.

Auch in der Corona-Pandemie habe Mainz seine Angebote aufrecht erhalten, während andere Städte sie schlossen, sagte Lensch: „Es gibt ein gut abgestimmtes Konzept mit professioneller Betreuung.“ Auch gebe es eine Gruppe von Menschen, die gar nicht sesshaft wohnen wollten: „Ein Teil der Bewohner tut sich schwer mit der Annahme fester Wohnungen“, sagte Lensch, „das ist Teil der Geschichte dieser Menschen.“

Entsorgter Hausrat nach der Räumung der Obdachlosen-Container. - Foto: GMA
Entsorgter Hausrat nach der Räumung der Obdachlosen-Container. – Foto: GMA

Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) Mainz kritisierte hingegen das Vorgehen der Stadt scharf und argwöhnte, die Stadt wolle auf dem Rücken der Obdachlosen sparen. „Wir halten es für absolut unverantwortlich, jetzt die Rückzugsräume für Menschen zu schließen, und sie auf Sammelunterkünfte zu verweisen“, sagte der Mainzer CDA-Vorsitzende Nikolaus Poppitz. Dass solche engen Unterbringungssituationen für die Bewohner erhöhte Infektionsrisiken mit sich brächten, zeige ja gerade die Infektionswelle im Allianzhaus. „Die Containerunterkünfte gewähren den Obdachlosen einen kleinen Rest an Privatsphäre, die gerade in Zeiten des geforderten Social Distancing unverzichtbar ist“, sagte Poppitz. Die CDA Mainz riet den Betroffenen, sich unmittelbar beim Wohnungsamt der Stadt zu melden, um eine normale Wohnung zu erlangen, sie hätten einen Anspruch auf Übernahme ihrer Wohnkosten.

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht zu der Räumung der Container und der Kritik daran könnt Ihr hier auf Mainz& lesen.

 

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