2018 war das Wein-Superjahr: Bereits Anfang August startete die früheste Lese aller Zeiten, die Trauben hatten sensationelle Reifegrade, die Menge explodierte – 2018 gilt als ein Jahrgang der Superlative. Der Weinjahrgang 2019 legt dagegen bislang seine Karten noch nicht recht offen: Das Jahr war deutlich durchwachsener, die Rebblüte fand erheblich später statt, Sonnenbrand und vereinzelte Hagelschäden dezimierten die Mengen. Vor allem aber macht das zweite Dürrejahr in Folgen den Weinbergen zu schaffen. Und dennoch: Zum offiziellen Start der Hauptlese an diesem Dienstag hängen die Trauben rund und gesund in den Weinbergen – der 2019er könnte durchaus ein hervorragender Jahrgang werden.

Die rheinhessische Weinkönigin Anna Göhring half beim Start der Hauptweinlese im rheinhessischen Westhofen mit. - Foto: DWI
Die rheinhessische Weinkönigin Anna Göhring half beim Start der Hauptweinlese im rheinhessischen Westhofen mit. – Foto: DWI

80 Grad Oechsle haben die Spätburgundertrauben in der berühmten Weinbergslage Westhofener Aulerde. „Das ist eine Punktlandung“, freut sich Winzer Tobias Zimmer: „Das ist perfekt für den Blanc de Noir.“ Seit vier Wochen wird in den Weinbergen bereits Federweißer gelesen, nun sind die Winzer landesweit auch in die Hauptweinlese gestartet. Im Gegensatz zum Jahrgang 2018, verspricht der 2019er wieder ein normalerer Jahrgang zu werden: Schlanker als 2018 mit frischer Frucht und in der Menge deutlich geringer als im Vorjahr. Das Wachstum im Frühjahr kam erst relativ spät in Gang, die Rebblüte fand erst Mitte Juni statt. Im Juli dann verursachte die große Hitzewelle Sonnenbrand bei den Trauben – 2019 war deutlich durchwachsener.

„Für den 2019er Jahrgang rechnen wir damit, dass es wieder einen schlankeren Weinjahrgang gibt mit frischen, fruchtigen Weißweinen“, sagt denn auch Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut (DWI) im Gespräch mit Mainz&. Mit rund neun Millionen Hektolitern Ertrag bundesweit rechnet das DWI zurzeit, das wären zwar rund 20 Prozent weniger als 2018, aber im Grunde eine Weinernte auf dem Durchschnitt der vergangenen Jahre.

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Grund für die geringere Menge: „Wir haben das zweite Jahr hintereinander mit großer Trockenheit“, sagt Büscher, und dabei habe sich der Trend zu großen regionalen Unterschied noch einmal verstärkt. „Man spricht gar von einem neidischen Herbst“, sagt Büscher: Während es in der einen Ortschaft gründlich geregnet habe, fielen fünf Kilometer weiter kaum Regenmengen. „Die Wasserreserven im Boden sind aufgebraucht“, betont Büscher. Das Ergebnis: kleinere Beeren an den Weinstöcken, auch durch Sonnenbrand: „Die Beeren trocknen dann komplett ein und werden hart“, erklärt Büscher. Für Weißwein seien sie meist noch zu gebrauchen, bei Rotweinen drohten aber, bei der Maischegärung Bitterstoffe frei zu werden. „Die Schäden reichen von Null bis 30 Prozent“, sagte Büscher.

Weinlese in der Westhofener Aulerde am 10. September 2019. - Foto: DWI
Spätburgunder lasen sie am Dienstag in der Westhofener Aulerde für den Weinjahrgang 2019. – Foto: DWI

Manch ein Winzer freute sich da gar richtiggehend über den Regen der vergangenen Tage. „Wir wollten unseren Frühburgunder schon mit über 100 Grad Oechsle reinholen“, berichtet der Ingelheimer Winzer Rüdiger Huf. Dann aber kam der Regen des ersten Septemberwochenendes, und die Trauben füllten sich noch einmal mit Saft. „Jetzt ernten wir ihn mit 90 Grad Oechsle plus x“, sagt Huf, „das ist perfekt.“

Der Regen habe den Beeren zum Großteil gut getan, sagt auch Büscher, „sie konnten wieder mehr Saft aufnehmen.“ Nun freuten sich die Winzer auf den angekündigten Altweibersommer, denn der ist mit warmen Zagen und kühlen Nächten optimal für die Entwicklung der Aromastoffe in den Trauben. „Durch den Altweibersommer können die Winzer den optimalen Lesezeitraum abwarten“, erklärt Büscher weiter. Die Trauben genau dann zu ernten, wenn sie auf den Punkt sind, wird immer wichtiger. „Es geht darum, welchen Weintyp mag ich oder benötige ich“, sagt Büscher.

Spätburgundertrauben im Weinberg Aulerde in Westhofen 2019 - Foto DWI
Spätburgundertrauben im Weinberg Aulerde in Westhofen 2019 – Foto: DWI

2018 wurden praktisch alle Rebsorten gleichzeitig reif, das gab Stress für den Winzer, der nicht immer den optimalen Lesezeitpunkt abwarten konnte. Ganz anders in diesem Jahr: 2019 dürfte ein Weinjahrgang für Winzer mit Fingerspitzengefühl werden. In den kommenden Wochen stehen die Burgunder auf der Lese-Tagesordnung, der Riesling werde noch ein bis zwei Wochen brauchen, sagt Büscher, „wir liegen jetzt gut zwei Wochen hinter 2018.“ Und dann könnte der 2019er am Ende im Glas alle überraschen: „Die Trauben stehen kerngesund in den Weinbergen“, sagt Büscher, „in den vergangenen drei Wochen haben sie einen normen Reifeschub gemacht.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Rekordlese von 2018 könnt Ihr hier noch einmal in unserem Bericht vom Lesestart und hier in der ersten Lesbilanz nachlesen.

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