Er ist der Amtsinhaber, seit 2012 Oberbürgermeister von Mainz – am Sonntag möchte er wiedergewählt werden: Michael Ebling, 52 Jahre, Jurist. Im Wahlkampf setzte der SPD-Mann voll auf den Amtsbonus, warb mit Verlässlichkeit, Sicherheit und langjähriger Amtserfahrung. Seine Partei, die SPD, verbannte er von seinen Wahlplakaten, in den Wahlkampf zog Ebling überraschend mit dem Thema eines neuen Stadtteils für Mainz. „Wir dürfen der Stadt nicht den Stöpsel ziehen“, sagt Ebling, auf der Mainz&-Interviewbank sprach er sich gegen Doppeltraktions-Züge bei der Citybahn aus, für eine Straßenbahn nach Mainz-Ebersheim und einen Umsteige-Hub vor den Toren von Mainz.

Der Mainzer OB Michael Ebling (SPD) bei seinem Wahlkampfauftakt 2019 in Mainz. - Foto: gik
Der Mainzer OB Michael Ebling (SPD) bei seinem Wahlkampfauftakt 2019 in Mainz. – Foto: gik

Seit 2012 ist Michael Ebling Oberbürgermeister von Mainz, mit 58,2 Prozent setzte er sich damals in der Stichwahl gegen den grünen Bürgermeister Günter Beck durch – zur Wahl gingen damals nur 34,3 Prozent der Mainzer. Es war Eblings größter Erfolg in einer steilen Parteikarriere: Der gebürtige Mombacher Ebling studierte Jura in Mainz und trat 1983 in die SPD ein. Er arbeitete als Mitarbeiter beim SPD-Landtagsabgeordneten Klaus Hammer, wechselte dann ins Wissenschaftsministerium und wurde 2002 Sozialdezernent in Mainz. Im Mai 2006 wechselte Ebling als Staatssekretär ins Bildungsministerium unter Doris Ahnen (SPD), 2012 wurde er Oberbürgermeister von Mainz – in der rheinland-pfälzischen SPD wird er immer mal wieder sogar für höhere Weihen gehandelt.

Eblings erste Amtszeit war vor allem von Bauprojekten geprägt: Die Modernisierung von Großer Langgasse und Bahnhofstraße, den Bau der Mainzelbahn sowie zahlreiche Neubaugebiete wie der Mainzer Zollhafen oder das Heiliggeist Areal brachte Ebling auf den Weg. „Mainz ist im Aufbruch, das spürt man an allen Ecken und Enden“, sagte Ebling nun im Mainz&-Interview: Noch nie sei in Mainz so viel für den Wohnungsbau getan worden wie derzeit, „noch nie so viel ÖPNV ausgebaut worden“, betonte er. Beim sozialen Wohnungsbau habe Mainz die Trendwende geschafft, erstmals seien wieder mehr Sozialwohnungen entstanden, „weder Darmstadt noch Wiesbaden können diese Geschichte erzählen“.

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Gleichzeitig aber explodierten die Mieten und Immobilienpreise in Eblings Amtszeit in einem Ausmaß wie nie zuvor – Mainz gehört heute zu den teuersten Städten der Republik. Und gerade Luxuswohngebiete wie der Mainzer Zollhafen gehörten zu den Preistreibern, sagen Immobilienexperten. „Wir haben Ballungsräume in Deutschland, in denen das teilweise noch krasser ist, Frankfurt, München, Hamburg etwa“, sagte Ebling darauf in unserem Gespräch. Mainz sei eine attraktive „Stadt der Chancen“, die in einer sehr dynamischen Wachstumsregion liege. „Die Stadt wächst, und sie wird weiter wachsen“, betonte Ebling nun, deshalb habe er „bewusst den Vorschlag gemacht, dass wir uns heute überlegen, wo wir uns entwickeln können.“

OB Michael Ebling (SPD) im August 2019 bei der Vorstellung seines Konzeptes Wohnen. - Foto: gik
OB Michael Ebling (SPD) im August 2019 bei der Vorstellung seines Konzeptes Wohnen. – Foto: gik

„Die Nachverdichtung kommt an ihre Grenzen, wir können das nicht mehr alles im Innenbereich abbilden“, betonte Ebling: „Man darf da jetzt keine Bremsklötze rausholen wie etwa wir bauen nur noch in die Höhe – dann verändern wir die Stadt so, dass wir sie nicht mehr wiedererkennen.“ Allerdings hatte Ebling selbst bis vor Kurzem noch an der Nachverdichtung festgehalten. „Es ist vernünftig innerhalb einer nachhaltigen Stadtentwicklung erst mal für Innenentwicklung zu sorgen“, sagte Ebling dazu. Er habe im Rahmen seines Amtsantritts dafür gesorgt, dass es ein Konzept Wohnen und eine Leitstelle Wohnen gebe. Erst im August kündigte Ebling eine Umkehr in der Wohnungsbaupolitik an: Die Stadt werde sich künftig von der Höchstpreisvergabe bei Grundstücken verabschieden und auf Konzeptvergaben setzen, sagte Ebling, bei Neubauvorhaben bevorzugt er eine Sozialraumquote von nicht mehr als 30 Prozent.

„Wir haben Flächen identifiziert und Stück für Stück zur Entwicklung gebracht“, betonte Ebling, nun sei der richtige Zeitpunkt, auch über einen neuen Stadtteil nachzudenken. „Wenn wir einen neuen Stadtteil anpacken, ist das kein Pillepalle, da ist Erhebliches vorher zu leisten“, sagte Ebling,“ich möchte, dass wir das in Angriff nehmen.“ Zu seinem Wahlkampfauftakt machte Ebling den Vorschlag, einen Stadtteil entlang der Rheinhessenstraße zwischen Hechtsheim und Ebersheim zu bauen – und bekam dafür viel Kritik: Die Senke sei eine der wichtigsten Frischluftschneisen für Mainz, ein Stadtteil dort werde die Frischluft abwürgen und zudem gutes Ackerland vernichten, hieß die Kritik.

OB Michael Ebling (SPD) bei der ersten Testfahrt mit der neuen Mainzelbahn. - Foto: gik
OB Michael Ebling (SPD) bei der ersten Testfahrt mit der neuen Mainzelbahn. – Facebookpost: Katrin Eder (Grüne), Foto: gik

„Der Vorschlag, in der Verlängerung Hechtsheim Richtung Ebersheim etwas zu bauen, ist nichts Revolutionäres“, sagte Ebling, sondern leite sich aus dem langjährigen Fünf-Finger-Konzept der Stadtentwicklung ab. „Wir wissen heute, dass das Thema Frischluft ein sensibles ist“, betonte Ebling, „Klima ist aber kein statisches System, Klima ist das, was wir heute messen und das, was wir in Zukunft berechnen können“.

Dass sich Bauen in Frischluftschneisen vertragen könne, und sogar Frischluftschneisen positiv beeinflussen könne, habe sich bei der Bebauung des ehemaligen Hildegardiskrankenhauses gezeigt: „Dort beeinflussen wir die Frischluftzufuhr zur Innenstadt positiv“, sagt Ebling. Es gebe viel Gestaltungsspielraum beim Nachhaltigen Bauen, etwa durch Bauen mit Holz, aber auch Maßnahmen wie Dachbegrünung und Fassadenbegrünung. „Das ist ein Gestaltungsauftrag, den müssen im Sinne der Nachhaltigkeit annehmen und ernst nehmen, aber der hat ganz viele Facetten“, sagte Ebling: „Ich möchte in der zweiten Halbzeit die Voraussetzung schaffen, dass sich die Statd erweitern kann, sonst ziehen wir der Stadt den Stöpsel.“

Ein neues Wohngebiet entlang der Rheinhessenstraße würde auch mit einer Straßenbahn-Erweiterung nach Mainz-Ebersheim zusammenpassen, Pläne dafür gibt es in Mainz schon seit gut 20 Jahren. „Ich bin sehr dafür, dass wir sie angehen“, sagte Ebling jetzt, darin liege auch eine Antwort für Verkehrsfragen ins Umland. „Der Landkreis beginnt jetzt, besser spät als nie, über die Verkehrsfragen nachzudenken und sie zu untersuchen, mit uns die Kooperation zu suchen“, sagte Ebling, und forderte: „Wir brauchen eine größere regionale Kooperation und eine gute Arbeitsteilung, wie wir den Verkehr organisieren, ein reicher Landkreis wie Mainz-Bingen nimmt dafür gar kein Geld in die Hand, da muss ein Umdenken stattfinden.“

OB Michael Ebling (SPD) auf der Mainz&-Interviewbank. - Foto: gik
OB Michael Ebling (SPD) auf der Mainz&-Interviewbank. – Foto: gik

Es brauche einen Umsteige-Hub vor den Toren von Mainz, dafür sei Ebersheim sehr gut geeignet. „Es bringt nichts, wenn wir Park-and-Ride in der Innenstadt abbilden oder am Stadion, das ist schon zu weit in der Stadt“, sagte Ebling. Von Ebersheim aus „mit einer schicken, zuverlässigen Straßenbahn“ in die Stadt fahren, das werde hingegen attraktiv für Gäste aus dem Umland sein.

Die Mainzelbahn habe viel gebracht, auch Entlastung bei der Luft, sagte Ebling weiter, im Wahlkampf sprach er sich für ein 365.-Euro-Ticket fürs ganze Rhein-Main-Gebiet aus. Bei der Optimierung des Bussnetzes in Mainz werde sich mit dem Fahrplanwechsel im Dezember „viel tun“, sagte Ebling, die Stadt werde alle ein, zwei Jahre bei der Aufstellung des neuen Nahverkehrsplans „gucken müssen, dass wir immer ein bisschen weiter ausbauen.“ Er wolle, dass Mainz 2020 die erste Stadt sei, in der autonome Busse fahren, „das kriegen wir hin“, betonte Ebling – auch eine elektrische Fähre auf dem Rhein zwischen Mainz und Wiesbaden wünscht sich der Amtsinhaber.

Eine weitere Rheinbrücke nach Wiesbaden schließt OB Michael Ebling (SPD) nicht aus. - Foto: gik
Eine weitere Rheinbrücke nach Wiesbaden schließt OB Michael Ebling (SPD) nicht aus, erteilt aber einer Autobrücke eine Absage. – Foto: gik

Die Citybahn nach Wiesbaden befürwortet Ebling, sagte aber zugleich jetzt im Mainz&-Interview: „Niemand möchte, dass ein Doppeltraktionszug durch die Mainzer Innenstadt fährt, der hat da keinen Platz, das wissen wir alle, deshalb wird er auch nicht kommen.“ Erst einmal müsse aber Wiesbaden entscheiden, ob man überhaupt die Citybahn wolle. „Es ist noch nicht einmal klar, ob wir die Straßenbahn bauen, und wir fragen schon, welche Farbe hat die Haltestelle, das finde ich das Pferd von hinten aufgezäumt“, sagte Ebling. Die Pendlerbewegungen würden weiter wachsen, die Citybahn sei da „als Rückgrat sinnvoll“ und trage zur Elektrifizierung des Verkehrs bei.

Die Diskussion über eine neue Rheinbrücke „finde ich richtig und wichtig“, sagte Ebling weiter, er glaube aber nicht, „dass es eine Autobrücke sein würde, daraus würden wir keinen Vorteil ziehen.“ Eine Brücke für Fahrradverkehr und Fußgängerverkehr könne sinnvoll sein, derzeit würden in einer Arbeitsgruppe Verkehrssimulationen gerechnet. „Ich sehe, dass es zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz eine Verständigung gibt, eine Brücke im Norden zu bauen, die würde uns echt was bringen, davon bin ich überzeugt“, sagte Ebling mit Verweis auf Brückenpläne zwischen Bingen und Rüdesheim. Die waren allerdings bislang stets am Veto der Grünen gescheitert, das Land brachte nun im Juni eine neue Machbarkeitsstudie auf den Weg. „Es wäre kühn zu glauben, dass gleich zwei Brücken gebaut würden“, sagte Ebling, „konzentrieren wir uns doch in der Region erst mal darauf.“

Flieger über dem Mainzer Dom. - Foto: gik
Flieger über dem Mainzer Dom. – Foto: gik

Zum Thema Fluglärm sagte Ebling, es gebe derzeit zwei Elemente, die ich skandalös finde“: Das eine sei das Agieren der Deutschen Flugsicherung, die hatte gerade versucht, den Gegenanflug für den Frankfurter Flughafen im Raum Bingen deutlich abzusenken – eine Beteiligung der Kommunen gibt es dabei so gut wie nicht. Die DFS argumentiere dabei , man habe „nicht genügend Personal, den Flugverkehr so abzuwickeln, dass er für Zehntausende von Menschen nicht so eine Belastung ist wie heute“, kritisierte Ebling, das Argument mit den Kosten sei doch „lächerlich“, hier müsse das Bundesverkehrsministerium einschreiten.

Zweiten kritisierte Ebling die Strategie, Billigflieger nach Frankfurt zu holen und für sie ein drittes Terminal zu bauen: „Ich finde das erschreckend, das braucht wirklich kein Mensch“, sagte Ebling, „de Billigfliegerei zu fördern, macht wirtschaftlich und umweltpolitisch keinen Sinn.“ Mainz stimme sich bei seinem Kampf gegen solche Entwicklungen „in der Fluglärmkommission ab und werden das dort auch weiter vertreten.“

Zum Thema Great Wine Capital Mainz sagte Ebling: „Wir haben das Thema Wein und Tourismus zu polieren“, Mainz profitiere von dem internationalen Netzwerk. Angesprochen auf die Idee einer Vinothek oder eines Weinerlebniszentrums sagte der OB aber lediglich: „Ich habe nichts dagegen.“ Wie Mainz Wein und Lebensgefühl zusammenbringe, „da sind wir jetzt schon singulär, ein Marktfrühstücksbesuch ist auch eine Selbstvergewisserung unserer Identität.“ Ebling hatte im Wahlkampf vorgeschlagen, Mainz solle sich für die Landesgartenschau bewerben, und damit den Gürtel von der Zitadelle übers Römische Theater bis hinunter am Rheinufer aufwerten. In Sachen Lieblingswein verriet Ebling dann noch: „Ich trinke sehr gerne Weißburgunder, sehr gerne aber auch einen Sauvignon Blanc – das kann jetzt in den nächsten Wochen aber auch ganz brutal umschlagen zu Rotwein, wenn es kalt wird.“

Info& auf Mainz&: Das ganze Mainz&-Gespräch mit OB Michael Ebling könnt Ihr hier auf Youtube ansehen, einen Bericht über Eblings Wahlkampfauftakt findet Ihr hier, unseren Bericht über die Ankündigung von Eblings Kandidatur kann man hier lesen. Alle Interviews von der Mainz&-Interviewbank, alle Porträts und Details zur Oberbürgermeisterwahl an diesem Sonntag findet Ihr in unserem Dossier zur OB-Wahl 2019.

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