Seit dem 10. Dezember ist sie Mainzer Wirtschaftsdezernentin, zu dem Job kam sie beinahe wie die Jungfrau zum Kinde: Manuela Matz galt eigentlich nur als „Zählkandidatin“, die CDU-Politikerin wurde von ihrer Partei als Gegenkandidatin zu Amtsinhaber Christopher Sitte (FDP) aufgestellt. Matz galt als chancenlos – dann suchte Sitte sein Heil in der Wirtschaft, und Matz war 48 Stunden später plötzlich Dezernentin. Knapp zwei Monate danach hat Mainz& die neue Dezernentin im Rathaus besucht – unser Gespräch über Gewerbegebiete, Gesundheitswirtschaft und die Chancen der Great Wine Capital Mainz.

Manuela Matz (CDU) an ihrem neuen Wirkungsort, im Büro der Wirtschaftsdezernentin im Rathaus der Stadt Mainz. – Foto: gik

Fremd in ihrem neuen Fach fühlt sich Matz indes nicht: Die 54-Jährige ist studierte Wirtschaftsjuristin, in Bayreuth absolvierte sie ihr Studium in BWL und Jura. An der Hochschule lernte sie ihren späteren Mann Dirk Loomans kennen, „in der Theatergruppe der Katholischen Hochschulgemeinde“, erzählt sie lachend. Loomans stand auf der Bühne, sie selbst machte die Maske.

Gemeinsam zog das Ehepaar nach dem Studium nach Freiburg, Matz machte ihr Refrendariat am Landgericht Baden-Baden, arbeitete danach als Rechtsanwältin. „Morgens war ich in der Kanzlei, nachmittags habe ich unsere Tochter betreut – und mein Mann umgekehrt“, erzählt sie im Mainz&-Gespräch. Ihren Namen behielt Matz, „es war ein Stück Identität“, sagt sie. In Holland, der Heimat ihres Mannes, sei es gang und gäbe, dass Frauen ihren Namen behielten, sie selbst sei auch immer ein Fan davon gewesen. Auch als die Kinder kamen, sei das kein Problem gewesen, sagt sie, und erzählt lachend: „Mein Mann hört auch auf Matz, und ich auf Loomans.“

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Der Job brachte die Familie nach München, doch Matz sagt, sie habe immer zurück an den Rhein gewollt. Als ihr Mann einen Posten als Geschäftsführer in Bodenheim bei Mainz bekam, war die Chance da. 2002 machten sich Loomans und Matz mit einer Firma für Datenschutz selbstständig, Ende 2018 verkauften sie das Unternehmen an die Wirtschaftsgesellschaft KPMG – genau zum richtigen Zeitpunkt.

„Das Interesse an Politik war immer schon da“, sagt Matz, 1992 trat sie in die CDU ein. In der Mainzer CDU wurde sie nach 2005 aktiv. Die Unternehmerin ist Stadtbezirksvorsitzende der CDU-Hechtsheim und stellvertretende Landesvorsitzende der Mittelstandsvereinigung der CDU. „Der Querschnitt zur Wirtschaft hat mich immer interessiert“, sagt Matz, nun steht sie vor ihrer größten Aufgabe: Die Großstadt Mainz wirtschaftlich voran zu bringen.

Sucht Platz für neue Gewerbegebiete und einen neuen Mainzer Stadtteil: die neue Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). – Foto: gik

„Gewerbegebietsentwicklung“, sagt Matz, nach ihren Themen gefragt als erstes, „das ist ganz, ganz dringend, da müssen wir was tun.“ Mainz habe in den vergangenen Jahren „Unternehmen angesiedelt, wo das Verhältnis Flächenverbrauch zu Arbeitsplätzen ungünstig ist“, sagt sie. Gemeint sind die großen Logistik-Unternehmen, die Matz Vorgänger Sitte ins Hechtsheimer Gewerbegebiet holte. „Unsere Möglichkeiten, Gewerbeflächen zu entwickeln, sind begrenzt“, sagt Matz, „ich will Gewerbe ansiedeln, das ein besseres Verhältnis hat.“

Zwei Bereiche nennt die neue Dezernentin: die Gesundheitswirtschaft und die Medien. Mainz habe bereits einen Namen mit der Medienwirtschaft, nun seien mit Firmen wie Biontec oder Tron hochkarätige Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft dazu gekommen. „Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können“, sagt Matz, „wir haben die Möglichkeiten, diesen Markenkern voranzutreiben.“ Mainz müsse einen Markenkern entwickeln, „wenn man zu sehr mit dem Bauchladen kommt, wissen die Leute nicht, wofür man steht.“

„Wir stellen das Zentrenkonzept auf den Prüfstand“, nennt Matz eine andere Baustelle. Gerade trat zum ersten Mal ein Runder Tisch mit Vertretern aller Bereiche zusammen, er soll helfen, das Zentrenkonzept weiter zu entwickeln. „Konzepte, die nicht funktionieren, brauchen wir nicht“, sagt Matz: „Wir müssen sehen, wie man die Innenstadt voran bringen, aber auch die Vororte entwickeln und unterstützen.“

Das Gewerbegebiet um Möbel Martin brauche dringend mehr Kundenfrequenz, gleichzeitig müsse die Innenstadt wieder attraktiv werden. „Der Online Handel bedient die Bedürfnisse der Menschen, er ist nicht der Grund, warum man an Geschäft einbüßt“, betont die Dezernentin. Den Wandel der Zeit hätten „noch nicht alle verstanden“, der Kunde entscheide am Ende, ob man Erfolg habe. Wer tollen Service biete, werde auch weiter seine Kundschaft haben, glaubt Matz, und erzählt die Geschichte von der Parfümerie in Mainz, wo ihr Mann zu jedem Parfümkauf einen kleinen Extraflacon mit einer Probierportion bekomme. „Das kriege ich im Internet nicht“, sagt Matz, „fühlen, schmecken, riechen, das funktioniert im Geschäft noch immer am besten.“

Will neue Gewerbegebiete für Mainz und mehr aus den bestehenden machen – die neue Mainzer Wirtschaftsdezernentin. – Foto: gik

Bei der Ansiedlung interessierter Unternehmen will sich Matz künftig flexibler zeigen als ihr Vorgänger – Sitte hatte das Zentrenkonzept stets vehement verteidigt. Daran waren Ansiedlungswünsche wie die des Sportdiscounters Decathlon gescheitert. „Wenn Decathlon wieder auf mich zukäme, muss man überlegen, ob man nicht einen Teil des Sortiments aus dem Zentrenkonzept herausnimmt“, sagt Matz nun. Die Steuerung sei „wie ein schwerfälliger Dampfer, dabei bräuchte man heute ein Schnellboot.“

Alleine könne sie Änderungen allerdings nicht umsetzen, sagt Matz auch – der CDU-Dezernentin steht bislang noch eine Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP im Stadtrat entgegen. Ein Großteil sei „kein Freund davon, dass man der Wirtschaft mehr Spielraum gibt“, sagt Matz. Im Gegensatz zur Ampel spricht sich die neue Dezernentin auch für die Entwicklung eines neuen Stadtteils aus: „Wir brauchen neue Flächen“, sagt Matz. Sie kenne das Gegenargument der wachsenden Flächenversiegelung, betont sie, doch Mainz sei nun einmal eine Stadt in einem Ballungsraum: „Wir sind Stadt, nicht ländliche Region – und wir wachsen.“

Und noch ein Thema liegt der neuen Dezernentin am Herzen: die Weinhauptstadt Mainz. Dass Mainz Great Wine Capital sei, sei noch zu wenig bekannt, sagt sie: „Das müssen wir mehr spielen, da müssen wir Fahrt aufnehmen.“ Es fehlten vielfach noch Informationen zu dem Thema, ebenso „ein Eye Catcher“, der für das Thema stehe. Gerade mit dem Thema Wein könne Mainz solvente Touristen nach Mainz locken, die Stadt müsse mehr dafür tun, das bekannt zu machen. 2020 finde die Versammlung der Great Wine Capital-Vereinigung in Mainz statt, „das eine super Chance, das Thema GWC und Internationalität mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken“, sagt Matz.

Info& auf Mainz&: Was Manuela Matz an ihrem ersten Amtstag erlebte, wie sie vor leeren Schränken und gelöschten Computerdaten stand – das lest Ihr hier bei Mainz&. Mehr zum Abgang von Christopher Sitte und der Wahl von Manuela Matz lest Ihr hier bei Mainz&.

 

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