Mainz& exklusiv: Wie lange hat die Party von Polizisten am Montagabend in einer Mainzer Altstadtkneipe gedauert – und warum endete die Feier nicht sofort, als dort eine Polizeistreife eintraf? In dem Vorfall, den die Internetzeitungen Mainz& und Boostyourcity aufdeckten, und der inzwischen bundesweit Schlagzeilen macht, mehren sich mittlerweile die Ungereimtheiten. So brauchte die Polizeistreife gut 50 Minuten vom ersten Anruf eines Anwohners bis zum Eintreffen vor Ort, wirklich beendet – so berichten es Nachbarn – war die Party aber erst 1,5 Stunden später. Auch hielten sich die Beamten der Streife längere Zeit selbst in der Kneipe auf – das berichten übereinstimmend gleich drei Augenzeugen.

In der Mainzer Kneipe "Heringsbrunnen" wurde am Montagabend kräftig gefeiert, ohne die Corona-Regeln einzuhalten - von einer Gruppe Polizeibeamter. - Foto: gik
In der Mainzer Kneipe „Heringsbrunnen“ wurde am Montagabend kräftig gefeiert, ohne die Corona-Regeln einzuhalten – von einer Gruppe Polizeibeamter. – Foto: gik

Am Montagabend hatte im Mainzer „Heringsbrunnen“ trotz Corona-Verordnungen eine lebhafte Feier bis weit nach der erlaubten Endzeit von 22.00 Uhr stattgefunden, bei der Abstands- und Hygieneregeln missachtet wurden. So wurden vor der Tür der Kneipe Handyfotos von verschiedenen Gruppen gemacht, ohne jeden Abstand und ohne Mund-Nase-Bedeckungen. Nach Angaben von Augenzeugen sollen sich in der engen Kneipe bis zu 40 Personen aufgehalten haben, die eng beieinander und auch im Thekenbereich feierten – die Corona-Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz für Gaststätten verbietet die Nutzung des Thekenbereichs. Die Gäste dürfen sich nur an Tischen aufhalten, die mindestens im Abstand von 1,50 Metern zueinander stehen, an einem Tisch dürfen sich maximal die Bewohner zweier verschiedener Hausstände treffen – mehr dazu lest Ihr hier bei Mainzund.

Wer am 18. Mai im „Heringsbrunnen“ genau feierte, war zunächst unklar und weder Mainz& noch Boostyourcity bekannt – es war die Polizei Mainz selbst, die am Dienstagabend auf Anfrage von Boostyourcity schriftlich in einer Email um kurz nach 18.00 Uhr mitteilte: Bei den Feiernden habe es sich um „eine Gruppe Polizeibeamter“ gehandelt. Kurz danach, gegen 20.00 Uhr, bestätigte ein zweiter Polizeisprecher mündlich gegenüber Mainz& diese Information.

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Feiernde Personen vor der Kneipe "Heringsbrunnen" am Montagabend nach 22.00 Uhr. - Foto privat/Mainz&/Boostyourcity
Feiernde Personen vor der Kneipe „Heringsbrunnen“ am Montagabend nach 22.00 Uhr. – Foto: privat/Mainz&/Boostyourcity

Nach Recherchen der Internezeitungen Mainz& und Boostyourcity trafen bei der Feier im Laufe des Abends weitere Personen ein, andere verließen die Lokalität wieder. Noch nach 22.00 Uhr aber, das belegen Fotos und Videoaufnahmen, die Mainz& und Boostyourcity vorliegen, standen und saßen wechselnde Gruppen feiernder Personen vor der Tür der Kneipe, machten Fotos und unterhielten sich – ohne jeden Abstand und ohne Mund-Nasen-Masken. Wie viele Personen sich gleichzeitig in der engen Altstadtkneipe aufhielten, ist indes weiter unklar: Obwohl die Polizei selbst angibt, ihr seien „diese Personen alle bekannt“, wollte sie auf Nachfrage weder die Anzahl der Personen angeben, die in der Kneipe reserviert hatten, noch die Gesamtzahl der zum Höhepunkt der Feier Anwesenden.

In ihrer Pressemitteilung von Mittwochabend sprach die Mainzer Polizei selbst von „bis zu 40 Personen“ – erlaubt waren dem Gastwirt nach eigenen Angaben aber nur maximal 30 Gäste. Der Nachrichtenagentur dpa gegenüber aber sagte die Polizei bereits am Donnerstag, es hätten „zunächst zehn bis zwölf Beamte ordnungsgemäß Plätze in dem Lokal reserviert“ – dies verbreitete dpa in einer Meldung am Donnerstagmittag, die bundesweit aufgegriffen wurde, auch von den Online-Portalen großer Tageszeitungen wie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Korrigiert wurde diese Angabe nie. Auf Nachfrage von Mainz& sagte jedoch ein Polizeisprecher am Freitagabend schriftlich: „Diese Zahl ist uns in diesem Zusammenhang nicht bekannt und wurde daher auch nicht bekannt gegeben.“ Womöglich sei hier „eine Zahl zur Größe von Dienstgruppen verwendet worden“, einen Zusammenhang mit der Tischreservierung gebe es jedoch nicht.

Feiernde Gruppe vor dem Heringsbrunnen, nach der Sperrfrist von 22.00 Uhr. - Foto: privat/Mainz&/BosstyourCity
Feiernde Gruppe vor dem Heringsbrunnen, nach der Sperrfrist von 22.00 Uhr. – Foto: privat/Mainz&/BosstyourCity

Auf Nachfrage wollte die Polizei zudem nicht angeben, für wie viele Personen reserviert wurde, welche Gründe dabei angegeben wurden, und für welche Uhrzeit reserviert wurde. Die Informationen seien Teil eines Ermittlungsverfahrens, sagte ein Sprecher, die „originär zuständige Behörde zur Verfolgung von Verstößen“ gegen die Coronaverordnung sei nicht die Polizei, sondern die Stadt Mainz. Dieser würden die Informationen „zeitnah zur Verfügung gestellt.“

Tatsache ist: Die Feier reichte bis weit nach die Sperrstunde von 22.00 Uhr, und sie war offenbar so laut, dass aus der Nachbarschaft gleich drei Anrufe bei der Polizei deswegen eingingen: Wie die Polizei auf Anfrage selbst bestätigte, ging eine erste Beschwerde um 22.10 Uhr ein, eine zweite um 22.20 Uhr. Ein dritter Anrufer meldete sich gar noch um 22.50 Uhr bei der Polizei.

Die Polizeistreife traf erst gut 50 Minuten nach dem ersten Anruf und gut eine Stunde nach der Sperrstunde am „Heringsbrunnen“ ein: „Gegen 23.00 Uhr“ seien die Beamten dort eingetroffen, räumte die Polizei nun ein – nach Recherchen von Mainz& und Boostyourcity war es nach 23.05 Uhr. Die Beamten hätten „das Verlassen der Gaststätte, nach Bezahlung offener Rechnungen, angeordnet“, heißt es weiter, „die Aufenthaltsdauer ist nicht genau bekannt.“ Augenzeugen berichteten hingegen schon am Montagabend, die Streifenbeamten hätten sich noch eine ganze Weile selbst in der Kneipe aufgehalten – von bis zu 50 Minuten ist die Rede.

Warum traf der Streifenwagen der Polizei erst so spät am Mainzer Heringsbrunnen ein? - Twitterfoto: Polizei Mainz
Warum traf der Streifenwagen der Polizei erst so spät am Mainzer Heringsbrunnen ein? – Twitterfoto: Polizei Mainz

Am Samstag meldete sich dann ein weiterer Anwohner: Er habe am Montagabend die Party aus dem Fenster seiner Wohnung beobachtet, weil er nicht habe schlafen können, berichtete der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte. Er habe noch überlegt, die Polizei anzurufen, doch da sei schon ein Streifenwagen vorgefahren – das sei „definitiv nach 23.00 Uhr gewesen.“ Nach dem Eintreffen der Streife habe aber die Party keineswegs aufgehört, berichtete der Mann weiter: Der Streifenwagen habe bis um kurz vor Mitternacht noch in der Weißliliengasse geparkt, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, unmittelbar vor einer Schule. Ein weiterer Nachbar des „Heringsbrunnens“ berichtete, die Party in der Kneipe habe erst gegen 00.30 ein Ende gefunden – das wären anderthalb Stunden nach dem Eintreffen der Polizeistreife.

Unterdessen gab der Wirt des Heringsbrunnens selbst bekannt, er habe Selbstanzeige erstattet und wolle die Summe spenden, die er nach 22.00 Uhr erwirtschaftet habe – das seien 230,- Euro gewesen. Er werde für sein „Vergehen ordentlich grade stehn ohne wenn und aber“, schreibt er auf seiner Facebookseite, er habe gegen die Regeln verstoßen und entschuldige sich dafür. Der Wirt wollte sich gegenüber Mainz& nicht äußern, auf seiner Facebookseite beschimpfte er jedoch berichtende Journalisten als „hiesige Schmierfinken“ und „Möchtegern-Journalisten“.

Mittlerweile hat sich auch der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) eingeschaltet: Der Minister habe sofort, nachdem er Kenntnis von dem Vorfall erhalten habe, den Mainzer Polizeipräsidenten „aufgefordert, für eine lückenlose Aufklärung zu sorgen“, sagte ein Sprecherin des Innenministeriums auf Mainz&-Anfrage: „Dieser Vorfall wird natürlich mit aller Konsequenz aufgeklärt, und die Beteiligten werden sich entsprechend verantworten müssen.“ Die Bürger müssten „darauf vertrauen können, dass die Polizisten die Maxime des konsequenten Handelns und Einschreitens der Polizei zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch jederzeit – dienstlich wie privat – als Maßstab an das eigene Verhalten anlegen“, sagte die Sprecherin weiter. Es sei „bedauerlich und nicht hinnehmbar, wenn das Ansehen der rheinland-pfälzischen Polizei durch den Vorfall in einer Gaststätte der Mainzer Altstadt leidet.“

Info& auf Mainz&: Die ganze Geschichte über die Feier am Montagabend könnt Ihr im Detail hier bei Mainzund nachlesen, welche Konsequenzen die Party haben kann lest Ihr unter anderem hier bei Mainz&.

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