Schon seit ein paare Jahren diskutiert Mainz ja über die Attraktivität seiner Innenstadt und die Frage, wo Handel und Kundenströme so stehen – und wie man sie beleben kann. Denn Tatsache ist auch: Gerade in den vergangenen Jahren sind zunehmend Kunden aus dem Umland abgewandert, selbst die Mainzer fahren inzwischen gerne nach Ingelheim oder Groß-Gerau zum Einkaufen – ins Main-Taunus-Zentrum sowieso. Die gefühlten Einschätzungen bestätigt nun der Passantenfrequenzreport der BNP Paribas Realestate: Bei dem bundesweiten Ranking auf der Grundlage von Passantenzählungen kommt Mainz mit dem Brand mit nur rund 4.000 Passanten pro Stunde auf eine 55. Platz von 100 Einkaufslagen und liegt bei Umsatz und Übernachtungen weit hinten.

Wie attraktiv ist die Einkaufsstadt Mainz noch? Hier das Einkaufszentrum am Brand.- Foto: gik
Wie attraktiv ist die Einkaufsstadt Mainz noch? Hier das Einkaufszentrum am Brand.- Foto: gik

27 wichtige Einkaufsstädte hat der Report unter die Lupe genommen, in allen wurden an einem bestimmten Stichtag die Passantenfrequenz in wichtigen Einkaufslagen gezählt, dazu weitere Parameter wie Kaufkraft, Umsatz, Mietniveau und Übernachtungen ermittelt und ausgewertet. Und in allen daraus gebildeten Rankings liegt Mainz weit hinten im untersten Drittel. So landet Mainz bei den Umsatzzahlen lediglich auf Platz 20 der 27 Städte, bei den Übernachtungen mit rund 906.000 Übernachtungen gar nur auf Platz 23. Dabei ordnen die Studienmacher Mainz mit einer hohen Kaufkraft auf Rang 9 ein, noch vor Städten wie Köln, Aachen, Dortmund, Berlin oder Trier.

Das Rennen bei der Kundenfrequenz in den Einkaufsmeilen machen denn auch andere: Trier gehört mit einer Top-Frequenz von 5.604 Passanten pro Stunde zu den besten drei Städten mit Einwohnern zwischen 100.000 und 250.000. Wiesbaden rangiert in der Kategorie 250.000 bis 500.000 Einwohner auf Platz zwei mit 6.289 Passanten pro Stunde in der Kirchgasse. Und in der Kategorie Top-Lagen kommt Frankfurt mit der Zeil auf einen sehr guten dritten Platz – mit 11.246 Einwohnern pro Stunde.

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Die Schusterstraße in Mainz. - Foto: gik
Die Schusterstraße in Mainz. – Foto: gik

Die Mainzer Zahlen sind dagegen ernüchternd: 4.027 Passanten zählten die Tester am 15.06.2019 in der Einkaufslage am Brand, das war für Mainz der beste Wert. Die Schusterstraße kam am gleichen Tag hingegen nur auf 3.314 Passanten, die Stadthausstraße gar nur auf 2.422 Passanten. „Mit unterschiedlichen Vierteln und Fachgeschäften bieten die innerstädtischen Einkaufslagen ein breites Spektrum für die Bedürfnisse unterschiedlicher Konsumenten“, heißt es in der Beurteilung. Mainz könne trotzdem „immer noch nicht mit einem Aufwärtstrend bei der Zentralität punkten“, heißt es weiter – im Klartext: Für das Umland ist Mainz nicht attraktiver geworden.

Einen Grund dafür nennt der Passantenfrequenzreport 2019 auch: Laut Umfrageergebnisse sei die mangelnde Zugkraft von Mainz auf das Umland „insbesondere auf die Verkehrsinfrastruktur zurückzuführen“ – die Anbindung sei „aktuell nicht optimal.“ Spätestens seit der deutlichen Anhebung der Parkgebühren durch die Parken in Mainz GmbH im Oktober 2015, die nicht nur das Parken auf der Straße deutlich verteuerte, sondern auch gerade das Parken ab der 3. Stunde, wenden sich viele Einkaufende aus dem Umland von Mainz ab. Das Parken sei viel zu teuer, die Anbindung mit Bus und Bahn äußerst schlecht, heißt es immer wieder von Lesern. Die Stadt wolle die Anbindung nun „durch neue Konzepte verbessern, um so vermehrt auch Kunden aus dem Umland zu gewinnen“, heißt es in der Studie weiter – welche Konzepte das sein sollen, sagen sie nicht.

Einkaufsstraße rund um die Römerpassage. - Foto: gik
Einkaufsstraße rund um die Römerpassage. – Foto: gik

Auch der Dynamik im Mainzer Einzelhandel stellen die Studienmacher aber keine guten Noten aus: Lediglich 12 Neueröffnungen von Läden sind seit 2018 in der Mainzer Innenstadt verzeichnet – und davon kamen 58 Prozent aus der Gastronomie. Weniger als 6 Läden eröffneten also im vergangenen Jahr in der Mainzer Innenstadt ein neues Shoppingangebot, nur 8 Prozent waren internationale Labels. Auch im längeren Trend seit 2016 machten in Mainz weit überdurchschnittlich viele Restaurants auf, 41 Prozent in den vergangenen drei Jahren. In Wiesbaden dagegen eröffneten in einem Jahr satte 50 Geschäfte neu, davon 36 Prozent Gastronomie und 18 Prozent internationale Labels.

Ansonsten scheinen den Ladengeschäften die Angebote zu fehlen: „Die Nachfrage nach Großflächen trifft momentan auf ein mangelndes Angebot“, heißt es in dem Report. Trotzdem bilanzieren die Macher, der innerstädtische Einzelhandel in Mainz sei „auch im Zeitalter des E-Commerce gut gerüstet“. Tatsächlich aber weisen andere Städte im ähnlichen Segment wie Aachen, Karlsruhe, Erfurt und Essen durchweg höhere Passantenfrequenzen auf – Mainz ist offenbar so attraktiv dann doch nicht. Die erste Einkaufslage von Mainz, der Brand, findet sich in der Liste der 100 Einkaufsmeilen denn auch nur auf Platz 55, die Schusterstraße kommt auf Platz 66, die Stadthausstraße gar nur auf Platz 80. Wiesbaden findet man dagegen auf den Plätzen 18, 56 und 82 (Marktstraße).

Das Brandzentrum ist noch immer die attraktivste Einkaufslage von Mainz. - Foto: gik
Das Brandzentrum ist noch immer die attraktivste Einkaufslage von Mainz. – Foto: gik

Die Ergebnisse dürften die Debatte um das Mainzer Zentrenkonzept nun neu befeuern: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mainz-Rheinhessen forderte schon im April 2017 die Abschaffung und sprach von einem „Verhinderungskonzept.“ Bei einem Runden Tisch in diesem Februar betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz, daran habe sich bis heute nichts geändert: Die Erreichbarkeit und Attraktivität der Innenstadt müssten weiter verbessert werden, die Parkgebühren seien zu hoch. Mainz brauche ein zeitgemäßes Einkaufskonzept, von dem positive Ansiedlungsimpulse für Investoren ausgehen – das Zentrenkonzept sei dabei nicht hilfreich.

Bislang hatte die Stadtspitze um Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) grundlegende Änderungen am Zentrenkonzept aber abgelehnt, die neue Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) fordert hingegen Änderungen: „Man sollte das Zentrenkonzept auf den Prüfstand stellen, ob es noch das geeignete Mittel ist, angesichts veränderter Rahmenbedigungen“, sagte Matz der Internetzeitung Mainz&. Ziel sei doch, „den Bürgern die Einkaufsmöglichkeiten zu bieten, die sie haben wollen“, sagte Matz weiter, „aber trotz existierendem Zentrenkonzept geht der Einzelhandel in den Innenstädten oder Stadtteilen ja zurück.“ Wenn ein Konzept sein Ziel nicht mehr erreiche, müsse man überlegen, „ob das Zentrenkonzept noch das richtige Instrument ist“, fügte sie hinzu.

Info& auf Mainz&: Den ganzen Passantenfrequenzreport 2019 der BNP Paribas Realestate findet Ihr hier im Internet zum Download. Mehr zur Debatte um das Mainzer Zentrenkonzept lest Ihr hier bei Mainz&.

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