Paukenschlag am Osterdienstag: Mainz hat wieder einen neuen Bischof! Der Theologieprofessor Peter Kohlgraf wird der Nachfolger von Karl Kardinal Lehmann. Damit ist der Mainzer Bischofsstuhl nicht länger verwaist, die sogenannte Sedisvakanz, die durch den altersbedingten Rücktritt Lehmanns am 16. Mai 2016 verursacht worden war, endet nach knapp einem Jahr. Kohlgraf ist offiziell Priester des Erzbistums Köln, lehrt aber bereits seit 2012 an der Katholischen Hochschule in Mainz. Der Mann ist gerade 50 Jahre jung, Rheinländer, praktischer Theologe und Seelsorger – und sagt: „Vor Fastnacht und Fußball ist mir nicht bange.“ Das liberale Mainz bekommt also keinen Hardliner vor die Nase gesetzt – Kohlgraf gilt als menschennaher Seelsorger und unterstrich direkt bei seiner Ernennung seine tiefe Verbundenheit zu Papst Franziskus und einer dienenden Kirche. Ein Termin für die Bischofsweihe steht noch nicht fest.

Das ist der neue Bischof von Mainz: Peter Kohlgraf, Professor für Pastoraltheologie, 50 Jahre alt, Religionslehrer, Rheinländer. – Foto: Bistum Mainz

Am Mittag wunderten sich die Mainzer nicht wenig, als plötzlich die Glocken des Doms läuteten. Es war ein Jubilierungsgeläut: Zeitgleich verkündeten um genau 12.00 Uhr die Kirchenoberen in Rom und Mainz die Ernennung von Kohlgraf zum neuen Bischof von Mainz. Genau einen Tag nach Ostern hatte sich der Vatikan dafür ausgesucht – mit der Auferstehung beginnt also auch in Mainz eine neue Ära. 33 Jahre lang hatte Karl Lehmann als Bischof von Mainz das Bistum gelenkt, der langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hatte sein Amt zu seinem 80. Geburtstag an Pfingstmontag 2016 niedergelegt. Lehmann war ein kluger Versöhner und liberaler Kirchenmann gewesen, die Mainzer hatten ihn geliebt wie kaum einen anderen Bischof – Lehmann war auch Schlitzohr, Fußballfan und mit viel Humor gesegnet.

Umso größer war die Angst, wer und wie der Neue werden würde: In der Vergangenheit hatte Papst Benedikt XVI. manch einem Bistum in Deutschland einen konservativen Hardliner vor die Nase gesetzt – oder gar einen unfähigen Verschwender wie den Limburger Bischof Tebartz van Elst. Umso größer war das Aufatmen am Dienstag in Mainz: Der Neue ist ein Theologieprofessor wie es Lehmann war, er ist nah an der Jugend – und er ist ein Fan der „dienenden Kirche“ im Auftrag der Menschen, wie sie Papst Franziskus verkörpert. Mehr noch: Kohlgraf ist waschechter Rheinländer, geboren in Köln, lange Jahre in Bonn tätig und seit 2012 Mainzer. Derzeit lebt er im rheinhessischen Partenheim in einem 90 Quadratmeter-Haus und hat vor allem einen Wunsch an seine neue Wohnung in Mainz: „Dass mein Flügel reinpasst…“ In der Mainzer Bischofsresidenz dürfte sich dafür ein Eckchen finden lassen [v_icon color=“#444444″ size=“18px“ target=“_blank“ name=“moon-wink“]

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Ernennung des neuen Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf am Osterdienstag im Mainzer Dom. – Foto: Bistum Mainz/ Blum

Kohlgraf wurde am 21. März 1967 in Köln geboren und studierte Theologie in Bonn, wo er auch 2000 seine Promotion im Fach Alte Kirchengeschichte abschloss. Seine Priesterausbildung erhielt er am Erzbischöflichen Priesterseminar in Köln, am 18. Juni 1993 wurde Kohlgraf im Kölner Dom zum Priester geweiht. Anschießend war er bis 1996 als Kaplan in Euskirchen tätig. Parallel zu seiner Promotion war er als Seelsorger in Bad Honnef tätig, wurde Schulseelsorger am Kardinal Frings-Gymnasium in Bonn-Beuel und später am Beethoven-Gymnasium in Bonn. Kohlgraf wurde Stadtgruppenkaplan der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) in Bonn und 2003 stellvertretender Direktor am Collegium Albertinum in Bonn.

Im Oktober 2010 habilitierte Kohlgraf in Münster zum Thema „Glaube im Gespräch. Die Suche nach christlicher Identität und Relevanz in der alexandrinischen Vätertheologie. Ein Modell für praktisch-theologisches Bemühen heute?“ Mit der Lehrberechtigung für Pastoraltheologie wurde er Privatdozent an der Universität Münster und zum Wintersemester 2012/2013 nach Mainz auf die Professur für Pastoraltheologie berufen. 2016 wurde Kohlgraf Dekan des Fachbereichs Praktische Theologie, seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen bei „Fragen pastoraltheologischer Hermeneutik“, „Diakonie als Grunddienst der Kirche“, „Vergeben und Versöhnen“ und dem Thema „Schulpastoral“.

Der Mainzer Dom hat einen neuen Hausherrn, die Sedisvakanz geht dem Ende zu. – Foto: gik

Mainz bekommt also erneut einen Kirchenlehrer, äußerst passend für die Heimatstadt des Buchdruck-Erfinders Johannes Gutenberg. Seine wissenschaftlichen Themen und seine bisherigen Tätigkeitsfelder legen zudem nahe: Mainz bekommt auch einen Bischof, der auf Menschen zugeht, sich der Jugend widmet und äußerst sozial agiert. Auch in seiner Zeit als Professor in Mainz war Kohlgraf weiter seelsorgerisch tätig: als Pfarrvikar in der Pfarrgruppe Wörrstadt im Dekanat Alzey/Gau-Bickelheim. Kohlgraf sei im Bistum Mainz „kein Unbekannter“, sagte denn auch Domdekan Heinz Heckwolf bei der Vorstellung am Dienstag.

Als „Seelsorger mit einem klaren Blick für die Menschen“, begrüßte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) den neuen Mainzer Bischof: „Sie kennen die Wünsche und Sorgen der Gläubigen, insbesondere die junger Menschen“, sagte Dreyer, Kohlgraf beschäftige sich seit vielen Jahren wissenschaftlich und praktisch mit der Zukunft der Gemeinden und mit dem christlichen Glauben in der modernen Gesellschaft. „Ich bin sicher, dass die Menschen im Bistum Mainz Sie sehr schnell mit großer Sympathie und Wertschätzung aufnehmen werden“, sagte sie. Die Regierung von Rheinland-Pfalz muss übrigens der Ernennung des neuen Bischofs zustimmen – so lauten die Regeln des Staatskirchenvertrags zwischen Kirche und Land.

Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gratulierte dem neuen Bistumschef herzlich, liegt das Bistum Mainz doch zu großen Teilen auf hessischer Seite. Kohlgrafs Erfahrungen und Kenntnisse würden „sicher mit dazu beitragen, die den Menschen zugewandte Leitung des Bistums auch künftig fortzusetzen“, sagte Bouffier. Kohlgraf genieße „als bodenständiger Seelsorger große Anerkennung“, freute sich die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner, selbst studierte Theologin und Mitglied des Zentralkomitees deutscher Katholiken. Der Neue habe es bisher schon verstanden, „in Glaubensfragen zu motivieren und geistigen Halt zu geben“, sie selbst schätze seine offene Art, auf Menschen zuzugehen und ihnen zuzuhören. „Peter Kohlgraf wird ein guter Gesprächspartner für alle Gläubigen im Bistum Mainz sein und den Zusammenhalt der Glaubensgemeinschaft stärken und fördern“, sagte Klöckner.

Riesiges Interesse am neuen Bischof von Mainz: Pressekonferenz mit Peter Kohlgraf (Mitte) nach seiner Ernennung in Mainz. – Foto: Bistum Mainz

Kohlgraf wird nun der 88. Nachfolger des heiligen Bonifatius, der von 746 bis 754 Erzbischof von Mainz war und das hiesige Erzbistum begründete. „Die reiche Geschichte unserer Stadt ist eng verbunden mit den Mainzer Bischöfen“, erinnerte denn auch Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) – sie hätten viele Jahrhunderte lang das Leben und das Gesicht von Mainz entscheidend mitgeprägt. Bedeutende Persönlichkeiten auf dem Bischofsstuhl wie Bischof Ketteler, Kardinal Volk oder zuletzt Kardinal Lehmann hätten „wichtige Impulse in unserer Stadt gesetzt und auch nach außen hin durch ihr Wirken der alten Bischofsstadt Mainz große Ausstrahlungskraft angesichts höchst gegenwärtiger Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft verliehen“, sagte Ebling. Er wünsche sich, dass der neue Bischof von Mainz an die Tradition seines Vorgängers Lehmann als warmherziger Brückenbauer und weltoffener Bürger anknüpfe, „dann wird er als neuer Oberhirte sicherlich schnell die Herzen der Mainzerinnen und Mainzer erobern.“

Der Neue zeigte sich denn auch gebührend beeindruckt von den großen Fußstapfen, die ihm hinterlassen wurden. Bereits jetzt schon spüre er „das Beben und Zittern“ seiner kommenden Bischofsweihe, bekannte Kohlgraf am Dienstag, „denn nach und nach wird mir bewusst, welche große und auch herausfordernde Aufgabe auf mich wartet“ – und der Blick auf seine großen Vorgänger im Amt „macht es nicht leichter.“ Doch Gott schenke dann Gelassenheit, wenn man sich bewusst mache, „dass es im Letzten nicht um mich geht, sondern um die Liebe Gottes, die ich verkünden darf.“

Alter und neuer Bischof von Mainz: Kardinal Karl Lehmann sitzend bei der Vorstellung seines Nachfolgers Peter Kohlgraf (stehend). – Foto: Bistum Mainz/ Blum

Ein Bischof nämlich „bleibt ein normaler Mensch, der Hilfe und Weggefährten braucht“, betonte Kohlgraf und sprach von Respekt, interessiertem Miteinander und konstruktiven Lösungen. „Ich bitte Sie herzlich um Ihr Mittun, Mitdenken, Mitbeten und Mitglauben und die Bereitschaft, sich auf den Weg zu machen, die Zukunft zu gestalten“, bat Kohlgraf. Er wolle keine fertigen Rezepte präsentieren, sondern gemeinschaftlich Lösungen und Ideen erarbeiten. Das passt nahtlos in die Linie seiner bisherigen Äußerungen, hat Kohlgraf doch selbst einmal geschrieben, Autorität eines Amtsträgers ohne Anerkennung durch das Volk könne es nicht geben – und der Bote der Kirche müsse selbst das leben, was er verkünde, einladen, wahrhaftig und ehrlich sein.

Mainz bekommt also mit dem Lehrer und Seelsorger auch einen praktischen Theologen – und einen waschechten Rheinländer: Als gebürtiger Kölner sei ihm die rheinische Lebensart von Mainz nahe, vor Fastnacht und Fußball sei ihm „grundsätzlich nicht bange“, bekannt Kohlgraf – ein guter Anfang [v_icon color=“#444444″ size=“18px“ target=“_blank“ name=“moon-wink“]. Dazu stammt der gerade 50-Jährige aus einer ausgesprochen bodenständigen Familie: Der Vater war Maurer, die Mutter Krankenschwester, schon als Kind begleitete Kohlgraf die Mutter bei der Krankenpflege.

Bei seinem Vater habe er oft erlebt, wie ein Haus entstehe, berichtete er in Mainz: „Langsam, geduldig, Stein auf Stein und am Ende solide gebaut. Vielleicht ist das keine schlechte Erfahrung für einen Bischof.“ Denn auch die Kirche sei „ein Haus aus lebendigen Steinen, es braucht Geduld, einen Plan, Sorgfalt.“ Am Ende stehe ein Haus, das man bewohnen könne, doch nie dürfe man Christus „in unsere schönen Häuser einschließen“ – hinausgehen in die Welt, auf die Straße gehen und für die Menschen da sein, das sei die wichtige Aufgabe.

Vorgänger Kardinal Karl Lehmann hinterlässt große Fußstapfen als Bischof von Mainz – und lobt seinen Nachfolger. Hier bei seinem Abschied 2016. – Foto: gik

Hohes Lob bekam der Neue denn auch von seinem Vorgänger: Ich kenne ihn, sein Wirken und seine Veröffentlichungen schon seit langem und schätze ihn überaus“, lobte niemand geringeres als Kardinal Lehmann persönlich. Er freue sich, „in ihm einen ausgezeichneten Nachfolger zu wissen, der „das altehrwürdige Bistum Mainz gut in eine neue Zukunft führen kann.“

Der neue Mainzer Bischof wurde übrigens in geheimer Wahl aus einer Liste von drei Kandidaten gewählt. Das Domkapitel hatte nach dem Rücktritt Lehmanns eine Vorschlagsliste mit geeigneten Nachfolgekandidaten beim Vatikan eingereicht, aus dieser sowie aus weiteren Vorschlagslisten benannte Papst Franziskus dann die drei Kandidaten für die Wahl. Nach der Annahme der Wahl durch den Gewählten und vor seiner Ernennung durch den Papst wurde bei den Landesregierungen von Hessen und Rheinland-Pfalz festgestellt, „ob gegen den Gewählten Bedenken allgemein-politischer Art bestehen.“ Wann Kohlgraf zum Mainzer Bischof geweiht wird, steht noch nicht fest, der Termin dürfte aber in jedem Fall noch in diesem Sommer sein.

Info& auf Mainz&: Wie die Verkündung des neuen Mainzer Bischofs im Dom ablief, könnt Ihr hier beim Bistum Mainz nachlesen. Mehr zum neuen Mainzer Bischof und seinen Schriften und Haltungen findet Ihr hier im Internet beim Bistum Mainz. Natürlich gab es noch zahlreiche weitere Gratulationen, unter anderem von den politischen Parteien in Hessen und Rheinland-Pfalz sowie der Evangelischen Kirche und weiteren Institutionen. Wir wollten Euch aber mit den ganzen Aufzählungen nicht langweilen – der Tenor war ohnehin immer der gleiche: Glückwunsch an Peter Kohlgraf – und an das Bistum Mainz für den neuen Bischof mit bodenständiger, menschenzugewandter und liberaler Gesinnung. Wir sind gespannt!

 

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