Seit drei Wochen läuft bereits die Lese der frühen Federweißer-Trauben, in dieser Woche startet in den meisten Weingütern nun auch die Hauptweinlese: Mit Frühburgunder, Sauvignon Blanc oder Müller-Thurgau würden derzeit die ersten Weine des Jahrgangs 2020 gelesen, berichtete das Deutsche Weininstitut (DWI). Weingenießer dürfen sich auch im Coronajahr auf einen tollen Jahrgang mit fruchtbetonten Weißweinen und farbintensiven Rotweinen freuen, die große Unbekannte ist allerdings die anhaltende Trockenheit.

Es ist so weit: die Weinlese 2020 ist gestartet. - Foto: DWI
Es ist so weit: die Weinlese 2020 ist gestartet. – Foto: DWI

Bereits am 10. August waren die ersten Winzer zur Lese der Federweißer-Trauben ausgerückt – es war zwar nicht der früheste Weinlesestart aller Zeiten wie 2018, aber dennoch erneut ein sehr früher Lesebeginn. Der Grund: Die Reben starteten mit dem sehr warmen Frühjahr schon sehr schnell zu Jahresbeginn in den Reifeprozess. Fast zwei Wochen früher als im langjährigen Mittel trieben die Reben im Frühjahr aus, heißt es beim DWI. Im Rheingau habe man gar vom zweitfrühesten Austrieb nach 2014 seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gesprochen.

Entsprechend früh setzte dann auch die Rebblüte ein: in warmen Lagen und bei frühreifen Rebsorten war das bereits Ende Mai der Fall, und damit acht bis zehn Tage vor dem 30-jährigen Mittel. „Von daher war ein frühzeitiger Lesebeginn schon damals vorhersehbar, denn etwa 90 bis 100 Tage nach der Blüte sind die Trauben erntereif“, sagte DWI-Sprecher Ernst Büscher. Dann aber kam ein Kälteeinbruch, ausgerechnet Mitte Mai: Spätfröste hätten zwischen dem 10. und 15. Mai in einem Band von Nordbaden über Nord-Württemberg und Franken bis nach Saale-Unstrut und Sachsen zum Teil zu erheblichen Frostschäden geführt, teilte das DWI weiter mit.

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In den Weinbergen wird jetzt wieder gepflückt und geschuftet: die Weinlese ist da. - Foto: DWI
In den Weinbergen wird jetzt wieder gepflückt und geschuftet: die Weinlese ist da. – Foto: DWI

In Rheinhessen blieben schädigende Nachtfröste zwar weitgehend aus, doch auch hier bremste der Kälteeinbruch die Entwicklung von Trauben und Reben etwas ab. Beim Start der Federweißer-Lese waren die Reben im vergleich zu 2019 in ihrer Reifeentwicklung dann „nur“ noch etwa eine Woche voraus. In dieser Woche beginnt nun die Hauptweinlese, doch auch hier gibt es große regionale Unterscheide: „Wir haben letzte Woche den Frühburgunder mit 97 Grad Oechsle gelesen“, berichtete etwa der Ingelheimer Biowinzer Arndt F. Werner: „2020 wird Spitze.“

Andere Winzer warten derweil noch mit dem Lesestart, der Branche steht eine vergleichsweise entspannte, längere Weinlese bevor, die sich bis Ende September ziehen könnte. Vielen Winzern ist das durchaus Recht: Die Hitzeperiode im Juli und vor allem die anhaltende Trockenheit sind in diesem Jahr das Hauptthema. „Die Trauben sind kerngesund, aber vielerorts sehr klein“, berichtetet der Vorsitzende von Rheinhessenwein, Thomas Schätzel – den Trauben fehlt schlicht Wasser. Mancherorts wurde das durch die Regenfälle der vergangenen Tage ein wenig ausgeglichen, „wir hatten ein Gewitter mit 12 Liter Regen, das lässt dann aufatmen“, berichtete Schätzel, dessen Weingut Kapellenhof in Selzen steht.

Schon 2018 herrschte Trockenheit in den Weinbergen bei Lörzweiler, 2020 ist das dritte Dürrejahr in Folge. - Foto: gik
Schon 2018 herrschte Trockenheit in den Weinbergen bei Lörzweiler, 2020 ist das dritte Dürrejahr in Folge. – Foto: gik

„Die Trockenheit ist die große Unbekannte“, sagt Schätzel denn auch: 2020 sei nun das dritte Jahr in Folge mit extremer Trockenheit und wenig Regen. Zwar kommen vor allem ältere Rebstöcke mit ihren langen Wurzeln weit hinunter ins Erdreich, doch für junge Reben gilt das nicht – und durch die Trockenheit sinken die Grundwasserpegel. „Wir kommen an die Leistungsgrenze der Reben“, sagte Schätzel denn auch, „die Frage ist zunehmend: was kann die Rebe noch ausgleichen?“

So ist denn auch in diesem Jahr die Schätzung der Weinerntemenge besonders schwierig: Eine erste vorsichtige bundesweite Ertragsschätzung gehe von einer Erntemenge von rund neun Millionen Hektolitern aus, heißt es beim DWI, das wäre eine durchschnittliche Menge auf dem Niveau des zehnjährigen Mittels. Und so sind auch hier die Aktien sehr ungleich verteilt: Während sich Winzer, die durch Frost oder Hagel Ernteausfälle hatten, über eine ordentliche Menge freuen würden, sitzen andere Winzer wegen der Corona-Pandemie noch immer auf gefüllten Weinfässern – Vorteile hat hier, wer viel an Direktkunden verkaufen konnte und eher weniger an die Gastronomie liefert.

Für die Qualität des Weinjahrgangs 2020 stehen die Zeichen derweil gut: Der Gesundheitszustand der Trauben sei großartig, berichten die Winzer – zu erwarten seien wegen der klein gebliebenen Trauben vielfach intensive Weine mit viel Frucht und Farbe.

Info& auf Mainz&: Mehr zum bundesweiten Weinlesestart 2020 könnt Ihr hier beim Deutschen Weininstitut nachlesen. Wer noch einmal nachlesen will, wie die Weinlese 2019 in einen „neidischen Herbst“ startete, wird hier fündig.

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