Seit dem 1. August können sich Reiserückkehrer in Deutschland auf das Coronavirus testen lassen – kostenlos und ohne größere Hürden. So versprach es zumindest Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vergangene Woche, doch in der Praxis gestaltet sich das schwierig: Genervte Hausärzte, überlastete Hotlines und ein Behördenwirrwarr wie zu Beginn der Coronapandemie erwarten den testwilligen Urlauber derzeit. Das Land Rheinland-Pfalz will nun am Mittwoch seine Strategie dazu vorstellen, Testzentren an den Grenzen und am Hunsrück-Flughafen Hahn inklusive.

Alle Reiserückkehrer können sich seit dem 1. August in Deutschland kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. - Foto: Bundesregierung
Alle Reiserückkehrer können sich seit dem 1. August in Deutschland kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. – Foto: Bundesregierung

Kurz vor Ende der Sommerferien in Rheinland-Pfalz steigen auch hier die Zahlen neuer Corona-Infektionen wieder an: Das Mainzer Gesundheitsministerium meldete am Dienstag 59 neue Infektionen binnen eines Tages, auch das Gesundheitsamt Mainz-Bingen warnte, die Zahlen stiegen derzeit wieder deutlich stärker als noch im Juli. Eine Sorge: Reiserückkehrer könnten das Virus aus Risikogebieten wieder vermehrt nach Deutschland einschleppen, so wie zu Beginn der Pandemie aus dem Ski-Partyort Ischgl. Das Mainzer Gesundheitsamt meldete am Dienstag, acht Fälle seien derzeit Reiserückkehrer – von 28 aktuellen Fällen.

Bundesgesundheitsminister Spahn hatte deshalb am 1. August eine Verordnung erlassen, nach der sich Reiserückkehrer binnen 72 Stunden kostenlos testen lassen können, für Rückkehrer aus Risikogebieten soll der Test sogar verbindlich werden. „Unter der Nummer 116 117 oder beim örtlichen Gesundheitsamt erfahren Einreisende, wo genau bei Ihnen vor Ort ein Test durchgeführt wird“, heißt es auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums. Das führte am Montag prompt zu einem wahren Ansturm auf die diversen Corona-Hotlines – Mainz& machte den Selbstversuch.

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Wer testet die Reiserückkehrer? Bislang herrscht noch Wirrwarr unter den Behörden. Die Corona-Ambulanz hier in Mainz ist inzwischen abgebaut. - Foto: gik
Wer testet die Reiserückkehrer? Bislang herrscht noch Wirrwarr unter den Behörden. Die Corona-Ambulanz hier in Mainz ist inzwischen abgebaut. – Foto: gik

„Leider sind zurzeit alle Vermittlungsapparate belegt“, teilt die freundliche Stimme vom Band beim Mainzer Gesundheitsamt am Montag mit – sie sagt es auch noch ein paar Stunden später bei den nächsten Versuchen. Die einschlägigen Corona-Hotlines helfen am ersten Arbeitstag nach Einführung der Rückkehrertests noch nicht wirklich weiter: Die automatischen Ansagen enthalten noch keinen Hinweis auf die Tests oder wo sie stattfinden, auch auf den Internetseiten fehlen die Hinweise dazu noch.

Bei der Hotline 116 117 ist man hörbar genervt, ja sogar verzweifelt: „Sie sind heute bestimmt schon die 200. Anruferin“, sagt die nette Dame in der Leitung, „alle Welt verweist auf uns, wir wissen aber von nichts.“ Seit dem frühen Montagmorgen werde die Hotline von Anrufern überrollt, die alle nach dem Corona-Rückkehrertest fragten, doch zuständig sei man dafür gar nicht. „Das Thema Corona bearbeiten wir gar nicht“, behauptet die Dame sogar, das sei nur ganz am Anfang des Shutdowns mal so gewesen, habe sich aber längst geändert.

Trotzdem steht die 116 117 noch immer auf allen Informationsseiten als wichtige Ansprechnummer für Fragen bei Coronaerkrankungen. Die von den ärztlichen Bereitschaftsdiensten zwischenzeitlich aufgebauten Corona-Ambulanzen gibt es jedoch längst nicht mehr, Kapazitäten für Tests habe man nicht. „Das ist eine Fehlinformation“, stöhnt die Dame: „Die Leute sollen das Gesundheitsamt anrufen.“

Die meisten Corona-Ambulanzen wie hier in Mainz-Mombach sind längst wieder geschlossen. - Foto: gik
Die meisten Corona-Ambulanzen wie hier in Mainz-Mombach sind längst wieder geschlossen. – Foto: gik

Auch in Hessen sei die Umsetzung der Corona-Tests für Reiserückkehrer schlecht angelaufen, kritisierte am Dienstag die hessische FDP: „Es kann nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürger aus dem Urlaub zurückkehren, sich wegen eines Tests an ein Gesundheitsamt wenden und dann dort die Auskunft bekommen, man wisse von nichts“, kritisierte FDP-Gesundheitsexperte Yanki Pürsün: „Doch genau das kommt dieser Tage vor: Das Hessische Sozialministerium und die Gesundheitsämter verweisen jeweils aufeinander, aber die Testwilligen kommen nicht zum Ziel.“

Gerade vor dem Hintergrund der laufenden Ferien- und Reisezeit und der Tatsache, dass die Tests innerhalb von 72 Stunden nach der Rückkehr aus dem Urlaub erfolgen müssten, dürfe es „nicht erst ein Hin und Her zwischen verschiedenen Behörden und Anlaufstellen geben“, forderte Pürsün.

Bei der Hotline 116 117 versucht man weiterzuhelfen: Wahlweise könne man auch die kostenlose 0800-er Corona-Hotline anrufen, schlägt die Dame hilfreich vor, und warnt zugleich: Dort bekomme man aber einen Test nur, wenn man auch Krankheitssymptome habe, das seien eben die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts. Dabei heißt es beim Bund explizit, der Rückkehrertest sei auch für symptomfreie Menschen gedacht, es könne sich wirklich jeder testen lassen – so will man auch symptomfreie Infizierte herausfischen.

Für Rückkehrer mit dem Auto soll es nun an den Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz Testzentren geben. - Foto: gik
Für Rückkehrer mit dem Auto soll es nun an den Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz Testzentren geben. – Foto: gik

Bleibt noch der Hausarzt, dort könne man nach telefonischer Vorankündigung einen Test machen lassen, empfiehlt das Bundesgesundheitsministerium. Bei der Hausarztpraxis aber winkt man am Montagfrüh ab: Man habe noch gar keine konkreten Informationen über die Kostenübernahme, auch könne er selbst die Tests mangels Ausrüstung und Räumlichkeiten gar nicht durchführen, informiert der Arzt – und verweist auf ein offizielles Testlabor.

Die neuen Test-Vorgaben belasteten die hausärztlichen Praxen „in unerträglichem Ausmaß und bergen Gefahren für die normale Patientenversorgung“, schimpfte am Montag prompt der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Günther Matheis. Zwar seien Testungen der Reiserückkehrer sinnvoll, für die hausärztlichen Praxen sei dies so aber gar nicht leistbar. Zudem drohten nun potenzielle, aber unerkannte Virenträger unkontrolliert in die Praxen zu kommen und im Wartezimmer zwischen anderen Patienten zu sitzen, „das stellt das bislang gut funktionierende Hygiene-Konzept der Hausärzte auf den Kopf“, kritisierte Matheis.

Die Tests seien eine staatliche Aufgabe, die nicht auf den regulären Praxisbetrieb abgeschoben werden dürfe, forderte der Ärztekammerpräsident. Die Untersuchungen müssten direkt in speziellen Testzentren außerhalb der Praxisstrukturen in Flughäfen, Bahnhöfen und an Ländergrenzen erfolgen, forderte er. Im Mainzer Gesundheitsministerium kennt man die Kritik, verweist aber auf den Bund: Die Rückkehrertests seien eine Regelung Spahns, sagte eine Sprecherin auf Anfrage, „wir sind in Gesprächen, was die Umsetzung angeht.“

Am Frankfurter Flughafen und anderen Airports wurden bereits Testzentren für Coronatests eingerichtet. - Foto: gik
Am Frankfurter Flughafen und anderen Airports wurden bereits Testzentren für Coronatests eingerichtet. – Foto: gik

Am Dienstag lud die Mainzer Staatskanzlei nun zu einer Pressekonferenz für Mittwochfrüh ein: Angesichts der angekündigten Testpflicht für Urlaubsrückkehrer werde Rheinland-Pfalz Corona-Teststationen einrichten, und zwar am Hunsrück-Flughafen Frankfurt-Hahn sowie in Grenznähe zu europäischen Nachbarländern, heißt es in der Einladung. Näheres wollen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gemeinsam mit Vertretern des Deutschen Roten Kreuzes Mittwochfrüh um 8.00 Uhr auf einer Pressekonferenz vorstellen. An großen Flughäfen wie Frankfurt wurden bereits in den vergangenen Tagen Testzentren eingerichtet, das Land Bayern richtetet Teststationen auch auf den wichtigsten Autobahnen im Süden ein.

Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und der Hausärzteverband Rheinland-Pfalz begrüßten die Ankündigung einer Strategie, man müsse rasch ein gemeinsames Konzept für die Umsetzung der Bundes-Rechtsverordnung zur Corona-Testung von Reiserückkehrern entwickeln. Dazu werde am Dienstagabend noch ein gemeinsames Gespräch mit Vertretern der Landesregierung stattfinden. Ärzte in Praxen und Kliniken, Öffentlicher Gesundheitsdienst, sowie Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesärztekammer und der Krankenkassen müssten noch viel regelmäßiger „in den Austausch kommen und in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden, um gemeinsam Lösungswege in der laufenden Pandemie zu finden“, fügten die Ärztevertreter hinzu.

Bleibt aber immer noch die Frage: Wo finden Urlaubsrückkehrer aus Nicht-Risikogebieten, die nicht mit dem Flugzeug anreisen denn nun Ansprechpartner und Orte für einen Test? Hilfe gibt es zuletzt beim Testlabor von Bioscientia in Ingelheim. „Als Reiserückkehrer werden sie auf jeden Fall getestet“, erklärt man dort, „Sie brauchen aber einen Überweisungsschein ihres Hausarztes.“ Der nächste Termin sei übermorgen frei, das Testergebnis werde an den Arzt gefaxt, heißt es hier: „Wir schaffen es meist innerhalb von 24 Stunden.“

Info& auf Mainz&: Informationen zu den Rückkehrertests sind noch spärlich, die ausführlichsten Informationen dazu gibt es hier auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums. Wer einen test machen lassen will, wendet sich tatsächlich am besten an seinen Hausarzt, doch laufen so langsam nähere Informationen der Kammern und Krankenkassen ein. Der Hausarzt muss dann per Überweisung den Testwilligen an ein Labor überweisen, dort muss man sich einen Termin geben lassen. Welche Länder und Gebiete derzeit Risikogebiete sind, kann man hier beim Robert-Koch-Institut nachschauen. Informationen zu Reiserückkehr und Quarantäne in Rheinland-Pfalz gibt es hier im Internet.

 

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