Das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Bingen lehnt einen alternativen Schiffsanleger in Höhe von Mainz-Mombach ab. Man habe sich im Nachgang zu dem Runden Tisch im Mai  noch einmal mit der Frage befasst, ob eine Liegestelle in Mainz-Mombach gebaut werden könne, teilte das WSA auf Mainz&-Anfrage mit. Das Ergebnis sei aber „wegen der dortigen Rahmenbedingungen erneut negativ“ ausgefallen. Das WSA hält damit unverändert an seinen Plänen für die Schiffsanleger vor der Südmole des Wohngebiets „Mainzer Zollhafen“ fest – Möglichkeiten für Alternativen sieht man im Mainzer Stadtgebiet nicht. Binnenschiffer sagten hingegen gegenüber Mainz&, oberhalb der Weisenauer Brücke lägen schon jetzt öfter Binnenschiffe in Warteposition – für die Schiffer sei dies durchaus eine geeignete Lage. Auch gibt es konkrete Pläne für weitere Liegestellen in Wiesbaden-Schierstein und Gimbsheim.

Rheinufer an der Ingelheimer Aue mit Blick auf den Seitenarm des Rheins bei Mainz. - Foto: gik
Rheinufer an der Ingelheimer Aue mit Blick auf den Seitenarm des Rheins bei Mainz. – Foto: gik

Ende Mai hatten Vertreter der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes zugesagt, einen ins Auge gefassten alternativen Standort für Schiffsanlegestellen in Mainz noch einmal zu prüfen. Konkret geht es um den Uferbereich zwischen dem neuen Containerhafen und dem alten Mombacher Hafen, also das Ufer entlang der Ingelheimer Aue. Hier bestünde eine sehr gute Verkehrsanbindung in einem ohnehin industriell geprägten Umfeld in großer Stadtnähe. Anfang September hatte es bei einem zweiten Runden Tisch der Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich (CDU) mit Binnenschiffern noch geheißen, es gebe „im Moment noch keine abschließende Beurteilung“ des Alternativstandortes.

Die ist nun aber offensichtlich erfolgt: Man habe sich den Standort noch einmal angesehen – und erneut verworfen, teilte die WSA auf Anfrage von Mainz& mit. Der Mombacher Stromarm verfüge nicht über die notwendige Fahrrinne mit Breite und Tiefe, für eine Liegestelle müsste der Nebenarm des Rheins „umfangreich ausgebaut werden“. Eine Liegestelle solle aber von der gesamten durchgehenden Rheinschifffahrt erreichbar sein, und das auch möglichst ohne zeitlichen Verlust durch aufwendige Manövriermanöver oder Zusatzfahrten.

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Ein solcher Ausbau hätte Auswirkungen auf die Abflussverteilung und womöglich unerwünschte Wirkungen auf Wasserstände und Fahrrinnentiefen im Hauptstrom, argumentiert die WSA weiter. Auch Auswirkungen auf die angrenzenden FFH- und Naturschutzgebiete seien zu befürchten, dem müsse „mit umfangreichen Maßnahmen – sowohl wasserbaulich wie auch naturschutzfachlich – entgegengewirkt werden.“ Der Aufwand zur Herstellung und Unterhaltung der Zufahrt stehe mit Blick auf Aufwand, Kosten und zeitlicher Umsetzungsdauer „in einem krassen Missverhältnis“, der Bau einer Liegestelle im Mombacher Stromarm „ist also nicht zu rechtfertigen.“

Der Mombacher Industriehafen mit einem Drachenboot beim Training. - Foto: gik
Der Mombacher Industriehafen mit einem Drachenboot beim Training. – Foto: gik

Auch den Uferbereich entlang der Ingelheimer Aue verwirft die WSA: Die Tiefenverhältnisse seien „ungünstig“, für eine Liegestelle erhebliche Baggerungen erforderlich, heißt es in der Alternativenprüfung. In dem Papier, das Mainz& exklusiv vorliegt, wurden insgesamt 26 Alternativstandorte im Stadtgebiet Mainz für die WSA geprüft – darunter auch Standorte auf der Wiesbadener Seite. Und dort plant das WSA tatsächlich ebenfalls weitere Schiffsanleger: Vor der Bismarcksaue plant die Behörde einen Schiffsanlegeplatz aus drei hintereinander angeordneten Liegeplätzen sowie einem Autoabsetzplatz. „Diese Liegestelle kann erst nach Abschluss des Baus der Schiersteiner Autobahnbrücke umgesetzt werden“, teilte die WSA weiter mit.

Auf Mainzer Seite hingegen sei „kein Standort im Mainzer Stadtgebiet so gut für eine Schiffsliegestelle geeignet wie die Südmole des Mainzer Zollhafens“, betont die WSA. Als Beurteilungskriterien wurden dabei nach Angaben der WSA die ausreichende Wassertiefe, die gute Erreichbarkeit von der Fahrrinne aus, günstige Strömungsverhältnisse, eine gute landseitige Verkehrsanbindung sowie die Nähe zu Versorgung und sozialer Infrastruktur als Positivfaktoren bewertet.

Binnenschiffer vor der Nordmole des Mainzer Zollhafens. - Foto: gik
Bislang können Binnenschiffer vor der Nordmole des Mainzer Zollhafens festmachen, allerdings ohne Möglichkeit zum Landgang. – Foto: gik

Zudem gebe es hier Autoabsetzmöglichkeiten, heißt es weiter – die müssen allerdings erst noch geschaffen weder: Die WSA plant unmittelbar vor der Südmole den Bau von vier Schiffsanlegestellen für bis zu 16 Binnenschiffe, dazu eine Autoabsetzanlage vor der Caponniere am Ufer der Mainzer Neustadt. Anwohner wehren sich seit Oktober 2018 gegen die Pläne, sie befürchten erhebliche Probleme durch Lärm und Schadstoffe der Dieselaggregatoren. Besonders die Autoabsetzanlage direkt vor der Grünanlage der Mainzer Neustadt sei unzumutbar: Die Grünanlage sei eine wichtige Naherholungsfläche für die Mainzer Neustadt, dazu befinde sich hier ein Kinderspielplatz, der Bereich werde als Pausenhof für Kindergärten und eine Schule genutzt.

Bei der WSA heißt es indes, man halte an den Plänen für die Mainzer Südmole fest. „Das WSA Bingen hat sich bereits vor Jahren mit guten Gründen auf den Standort an der Südmole des Zollhafens festgelegt“, sagte Sachbereichsleiter Florian Krekel. Zudem sei „die Verträglichkeit des Vorhabens mit den angrenzenden Nutzungen durch Gutachten nachgewiesen.“ Das aber ist nicht ganz richtig: Ein Schallschutzgutachten der Stadt Mainz errechnete schon im Jahr 2014 einen Lärmpegel von bis zu 54 Dezibel an der Südmole am Tag und von bis zu 53 Dezibel bei Nacht durch die an- und abfahrenden Schiffe. Damit aber würde der Schiffsbetrieb deutlich gegen die geltenden Lärmgrenzwerte verstoßen, die für ein Wohn-Mischgebiet einen Grenzwert von 45 Dezibel bei Nacht vorschreiben.

Vor der Südmole will das Wasser- und Schiffahrtsamt Bingen vier Schiffsanleger für bis zu 16 Binnenschiffe bauen, sieben Landgangstege inklusive. - Foto: gik
Vor der Südmole will das Wasser- und Schiffahrtsamt Bingen vier Schiffsanleger für bis zu 16 Binnenschiffe bauen, sieben Landgangstege inklusive. – Foto: gik

Die Wohnbebauung auf der Südmole spielt aber in der Beurteilung überhaupt keine Rolle – ganz im Gegenteil zu anderen Standorten. So heißt es etwa zum Mainzer Winterhafen: „Im Umfeld des Winterhafens entsteht ein hochwertiges Wohngebiet“ – für die WSA galt das als ein sehr gewichtiges Argument gegen Schiffsanleger an dieser Stelle. Auch in Bezug auf die Nordmole des Mainzer Zollhafens heißt es hier: „Die Stadtentwicklungspläne sehen auf der Nordmole ein reines Wohngebiet vor“, das spreche gegen eine Liegestelle an diesem Ort. Beim Standort Südmole hingegen fehlt jeglicher Verweis auf die dortige Wohnbebauung – obwohl die Häuser teilweise nur wenige Meter vom Rand der Kaimauer entfernt errichtet wurden. Auch die Wohnbebauung entlang der Taunusstraße findet keinerlei Erwähnung.

Unklar bleibt auch die Beurteilung des Mombacher Hafens: Das riesige Hafenbecken liegt praktisch brach und wird zurzeit hauptsächlich von Sportbooten und Ruderbooten genutzt. „Der Mombacher Hafen war immer schön, da haben wir früher viel gelegen“, erzählte Binnenschiffer Stephen Mnich Mainz&, „wir haben da als Kinder viel Zeit drin verbracht, das war immer sehr, sehr schön.“ Der Hafen liege „weit außerhalb der Fahrrinnen“, heißt es hingegen in der Beurteilung der WSA, die Steinböschungen seien hinderlich. Auf eine frühere Nutzung des Hafens für die Binnenschifffahrt wird dabei nicht eingegangen.

Oberhalb der Weisenauer Brücke wünschen sich die Binnenschiffer Möglichkeiten, am Ufer anzulegen. - Foto: Foto Karl Gotsch via Wikipedia
Oberhalb der Weisenauer Brücke wünschen sich die Binnenschiffer Möglichkeiten, am Ufer anzulegen. – Foto: Foto Karl Gotsch via Wikipedia

Binnenschiffer klagen seit Langem, dass ihnen immer mehr Möglichkeiten zum Landgang genommen werden, so gebe es zwischen Mainz und Mannheim keine einzige sichere Gelegenheit, an Land zu gehen. Das soll sich aber ändern: Eine öffentliche Liegestelle mit Festmache-, Landgangs- und Autoabsetzmöglichkeiten sei bei Gimbsheim/Guntersblum auf Höhe des Rheinkilometers 471,6 vorgesehen, teilte die WSA nun auf Mainz&-Anfrage mit. Die Stelle liege rund 28 Kilometer südlich von Mainz und sei bei normaler Geschwindigkeit in rund zweieinhalb Stunden von Mainz aus zu erreichen.

Die Binnenschiffer selbst denken da indes noch praktischer: „Oberhalb der Weisenauer Brücke liegen manchmal Schiffe und warten auf das Löschen ihrer Ladung bei ADM“, berichtete am Wochenende Binnenschiffer Fred Verkroost Mainz&. Die Ölmühle in Weisenau hat einen stetigen Bedarf an Sofabohnen, auch Verkroost liefert doch regelmäßig hin. „Man könnte doch oberhalb der Brücke einfach mal sechs Dalben einschlagen, Platz wäre da genug“, sagte Verkroost. Als Schiffer wäre er ja schon froh, „wenn man wenigstens zu Fuß von Bord käme“, sagte der Schiffer. Wenn er derzeit auf das Löschen seiner Ladung warte, könne er nicht einmal was Essen oder Einkaufen gehen.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Suche nach Alternativstandorten für die umstrittenen Mainzer Schiffsanleger lest Ihr hier bei Mainz&, unseren Bericht vom Runden Tisch im September findet Ihr hier. Was genau die WSA am Mainzer Zollhafen plant, haben wir hier detailliert aufgeschrieben.

 

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