Beim Tag des Offenen Denkmals gibt es ja immer wieder die Gelegenheit, hinter Mauern und Tore zu blicken, die sonst das ganze Jahr über verschlossen bleiben . Am Sonntag ist es wieder so weit: Zum Tag des Offenen Denkmals öffnen 16 Stätten ihre Tore, darunter sind wieder einige spannende Geschichten: Die Ausgrabungen in der Johanniskirche, die ehemalige Neutorschule oder die Hauskapelle im ehemaligen Heilig-Geist-Spital. Im Mittelpunkt des Tages steht aber in diesem Jahr die Mainzer Zitadelle: Hier wird am Morgen der Denkmalstag offiziell eröffnet, danach steigt das Zitadellenfest – und das hat in diesem Jahr richtig viel zu bieten.

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Die Mainzer Zitadelle steht am Tag des Offenen Denkmalstag im Mittelpüunkt und feiert auch gleich das Zitadellenfest. Ein neues Buch zur Zitadelle gibt’s auch – Foto: Bonewitz Verlag

Mit Führungen und Rundwegen geht es über die ober-, aber auch die unterirdischen Gänge der Festung, das Garnisonsmuseum öffnet seine Pforten und lädt gleich zu Beginn gemeinsam mit den Hechtsheimer Dragonern zum „Festungsfrühschoppen“.Dazu werden an diesem Tag die Kasematten wiedereröffnet, damit wird ein alter Kultur- und Veranstaltungort in Mainz zu neuem Leben erweckt. Oberirdisch gibt es tolle Autos zu bestaunen: beim Old- und Youngtimer-Treffen auf der Zitadellenwiese unter dem Motto „Altes Blech in alten Mauern“. Und die Kinderrallye führt kreuz und quer durchs Gelände.

„Zitadelle muss noch stärker angenommen werden“

Das lohnt sich aber auch: Die Mainzer Zitadelle ist in den vergangenen Jahren aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Zu verdanken ist das einem privaten Verein: Die Initiative Zitadelle Mainz. Seit 2004 veranstaltet die nun schon das Zitadellenfest und hat seitdem Zehntausende von Besuchern in das Denkmal gelockt, Führungen durch die unterirdischen Gänge organisiert und für viel Neubelebung auf dem Gelände gesorgt. Die Zitadelle sei „ein sehr besonderer Ort und notwendig, dass er noch stärker angenommen wird, nicht nur von Touristen, sondern wirklich von den Mainzern“, sagt der Vorsitzende Kay-Uwe Schreiber.

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2.000 Jahren Stadtgeschichte kann man hier auf dem idyllischen Gelände gleich oberhalb der Mainzer Innenstadt nachspüren und nacherleben. Doch das Idyll ist bedroht, erst jüngst spannte die Stadt Netze über die Mauern, um Passanten vor herabfallenden Steinen zu schützen. „Es wurde immer nur das absolut notwendigste an Renovierungen gemacht, nie mal umfassend eine Erneuerung durchgeführt“, kritisiert Schreiber: „Der Zustand verschlechtert sich von Jahr zu Jahr.“

Initiative kritisiert fehlende Renovierungsarbeiten

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Imposante Mauern an der Alten Zitadelle in Mainz, hier das Eingangstor – Foto: gik

Besonders die Mauern sind derzeit ein Sorgenkind, durch Feuchtigkeit und Frost würden immer größere Hohlräume aufgesprengt, sagt Schreiber. Eine Untersuchung eines Statikbüros schlug vergangenes Jahr Alarm an der Bastion Alarm, kurzfristig musste im Winter 2015 das Drahtgeflecht an den Mauern angebracht werden. „Wir haben das kritisiert, weil das ja keine Maßnahme ist, die das geschädigte Mauerwerk wieder erneuert, sondern nur ein desolater Zustand gesichert wird“, sagt Schreiber. Stattdessen müssten dringend Wartungswege entlang der Mauern angelegt werden, „um die frei zu halten von Bewuchs und dann sukzessive die Fugen erneuern, damit es keine Hohlräume mehr gibt.“

Am Zitadellenfest wird deshalb nicht nur gefeiert, sondern auch Geld gesammelt für den Erhalt des Denkmals: Der Erlös der selbst gebackenen Zitadellenwaffeln geht zu 100 Prozent an die Initiative Zitadelle Mainz. Auch sonst ist natürlich für den Gaumen gesorgt: Beim Bouleturnier schenkt WeinPascal französischen Wein und edlen Champagner aus, beim französischen Markt, bei Weinpicknick, Barbecue und Festungskartoffel wird der Gaumen verwöhnt. Für Stimmung sorgen die Rheingold Musikgruppe, der Jazz Workakt, das Polygon Ensemble, das DUO Subway und die Big Band 6-5000.

Sonderausstellung erinnert an erste Telegrafenlinie Mainz-Metz

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Die Zitdelle lebt – ganz besonders jedes Jahr beim Open Ohr – Foto: gik

Die Sonderausstellung erinnert zudem an die erste optische Telegrafenlinie von Metz nach Mainz, die vor über 200 Jahren eröffnet wurde. Gesendet wurde vom Drususstein auf der Zitadelle, von hier aus diente der Telegraf der behördlichen und militärischen Kommunikation. Mittels optischer Signale konnten die Nachrichten schon damals über eine Strecke von 225 Kilometern gesendet werden. Auf der Drususwiese wird am Sonntag ein nachgebauter Telegraf die Geschichte greifbar machen. Und im Rahmen des Jubiläums 200 Jahre Rheinhessen erinnert eine Depesche an diese einschneidende Erfindung der Informationstechnik: Feierlich wird diese auf dem Zitadellenfest unterzeichnet und in einem motorisierten Geleitzug von Bikern der deutsch-französischen Motorradfreunde zur nächsten Telegrafenstation nach Stadecken-Elsheim gebracht.

Es sind genau diese privaten Engagements im Denkmalschutz, denen der diesjährige Denkmalschutz gewidmet ist: Unter dem Motto „Gemeinsam Denkmale erhalten“ geht es um den ehrenamtlichen Einsatz von Vereinen und Netzwerken, die Kulturdenkmäler bewahren, erhalten und erklären. In Mainz präsentiert sich etwa sehr rührige Mainzer Denkmalnetzwerk mit einem Weinstand am Weintor von 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr und bietet ab 15.00 Uhr einen geführten „Spaziergang von Tor zu Tor“ an: eine Führung entlang der Rheintore des 19. Jahrhunderts auf der Rheinpromenade.

Neutorschule, Römischer Kaiser, St. Christoph beim Denkmalstag

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Auch die Neutorschule könnt Ihr am Sonntag besichtigen – Foto: gik

Am Haus zum Römischen Kaiser am Liebfrauenplatz informierte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz über ihre Arbeit sowie über die Geschichte des Barockgebäudes und seines Umfeldes. Unter anderem gibt es erstmals auch zwei Führungen für Kinder zwischen 5 und 10 Jahren mit dem Schwerpunkt zur wertvollen Stuckdecke der Tordurchfahrt. Auch erst richtig durch eine Initiative ins Bewusstsein gerückt wurde die Gedenkstätte St. Christoph, die Kirchenruine und Taufkappelle von Johannes Gutenberg wurde erst 2015 von einer Initiative mit einer aufwendig inszenierten Dauerausstellung zur Geschichte und Kriegszerstörung der Stadt neu gestaltet.

Und noch eine Initiative präsentiert sich und ihre Einrichtung: Die Initiative Neutorschule öffnet am Sonntag noch einmal den ehemaligen Schulbau aus den 1920er Jahren, es gibt Führungen und Dokumentationen zur Geschichte der Schule, der Reformpädagogik und des Historischen Volksbads im Keller. Gegenüber könnt Ihr vielleicht einen Blick auf die Ausgrabungen auf dem Gelände zum Neubau des Archäologischen Zentrums werfen – ob die Ausgrabungen geöffnet sind, können wir Euch leider nicht sagen. Offiziell im Kalender des Denkmalstages steht jedenfalls nichts.

Johanniskirche, alte Stadtmauer, historische Hauskapelle Heilig Geist

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Auch der Holzturm samt alter Stadtmauer sind zu besichtigen – Foto: Nessel

Aber dafür gibt es ja ein anderes Ausgrabungshighlight zu sehen: Die Johanniskirche mit ihren sensationellen Funden aus dem 7. Jahrhundert – mehr zum Alten Dom von Mainz lest Ihr hier bei Mainz&. Besondere Einblicke gibt es auch vom Holzturm aus: Aus der oberen Etage könnt Ihr einen besonderen Blick auf Mainz werfen, die Führungen drehen sich um den Holzturm und die mittelalterliche Stadtmauer von Mainz – und Ihr besucht dabei auch gleich den Deutschen Amateur Radio Club. Führungen  um 10.00, 12.00 und 15.00 Uhr vom Holzturm zum Eisenturm, Treffpunkt: kleiner Parkplatz am Holzturm.

Einen besonderen Einblick samt alter Stadtmauer gibt es zudem in der Mailandsgasse 1: Hier könnt Ihr die alte Hauskapelle des historischen Heilig-Geist-Hospitals besichtigen, die im romanischen Stil 1236 begonnen und bald nach 1462 in spätgotischen Formen umgestaltet wurde. Von der ehemaligen Stadtmauer führte ein Wehrgang schräg durch die Kapelle, sodass eine Ecke als Teil der Stadtmauer diente. Seit 1963 ist der Raum die „Gutenberg-Burg“ der Mainzer „Schlaraffen“, einem Männerbund, zu dem Ihr mehr hier nachlesen könnt. 

Augustinerkirche, Dommuseum, Alte Ziegelei in Bretzenheim oder Synagoge und Alter Friedhof in Weisenau – es gibt viel zu sehen am Sonntag. Und wenn Euch ganz profan nach wunderschönem Ausblick gelüstet: In der Christuskirche könnt Ihr am Sonntag zwischen 12.30 Uhr und 17.00 Uhr auf den Turm steigen. buch-zitadelle

Info& auf Mainz&: Tag des Offenen Denkmals am Sonntag, 11. September 2016. Die meisten Denkmäler sind von 10.00 Uhr oder 11.00 Uhr an bis 17.00 Uhr oder 18.00 Uhr geöffnet. Welche Denkmäler in Mainz dabei sind und mit welchen Öffnungszeiten, Führungen und Aktionen findet Ihr auf der Seite des Denkmalstages, genau hier. Die landesweite, offiziell Eröffnung des Denkmalstages in Rheinland-Pfalz findet um 11.00 Uhr auf der Zitadelle statt. Dort startet dann auch direkt das große Zitadellenfest, alle Infos dazu findet Ihr auf www.zitadelle-mainz.de.

Zur Mainzer Zitadelle ist pünktlich zum fest nun auch noch ein neues Buch erschienen: „Die Zitadelle auf dem Jakobsberg – Ein Kulturdenkmal im Aufbruch“, eine Sonderausgabe der Mainz Vierteljahreshefte, widmet sich auf 128 Seiten der bewegten Geschichte der einstigen barocken Festungsanlage. Es enthält zahlreiche seltene historische Aufnahmen und wurde herausgegeben von Stefan Schmitz. Erschienen ist es im Verlag Bonewitz, der Preis beträgt 7,50 Euro – Ihr bekommt es im Buchhandel oder im Online-Shop unter www.bonewitz.de.

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